Höhepunkte der Veranstaltung
Vierte Anhörung zur verantwortlichen Mitgestaltung des EPW 2: Gestaltung einer resilienten Zukunft angesichts des Klimawandels
Der Klimawandel hat schwerwiegende Auswirkungen auf die gesamte Europäische Region der WHO: keine andere Region der Erde erwärmt sich so schnell wie sie. Hitzewellen sind jährlich für Zehntausende von Todesfällen in der Europäischen Region verantwortlich. In den letzten 50 Jahren haben klimabedingte Katastrophen in der Europäischen Region, insbesondere Hochwasserereignisse, 160 000 Menschenleben gefordert und wirtschaftliche Schäden in Höhe von fast einer halben Billion US-$ verursacht. Neben extremen Wetterereignissen verschärft der Klimawandel auch eine wachsende Krise der psychischen Gesundheit und hat eine Zunahme von Infektionskrankheiten, eine Verschlimmerung der Luftverschmutzung und eine Beeinträchtigung der Wasser- und Ernährungssicherheit zur Folge und stellt so unsere Gesundheitssysteme und Gesellschaften vor immer neue Herausforderungen.
An der vierten Anhörung im Zuge der Ausarbeitung des zweiten Europäischen Arbeitsprogramms 2026–2030 (EPW 2) nahmen über 800 Vertreter von Regierungen, nichtstaatlichen Organisationen, Wissenschaft, den Vereinten Nationen und anderen zwischenstaatlichen Institutionen sowie der Privatwirtschaft teil.
Bei der Eröffnung der Veranstaltung bekräftigte der WHO-Regionaldirektor für Europa, Dr. Hans Henri P. Kluge, seine Entschlossenheit, die gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels zu bekämpfen und die Gesundheitssysteme bei der Anpassung an den Klimawandel und dessen Bewältigung sowie bei der Verbesserung der ökologischen Nachhaltigkeit ihrer Tätigkeit zu unterstützen. Er hob hervor, wie die Budapester Erklärung über Umwelt und Gesundheit die Konzeptentwicklung auf diesem Gebiet vorantreibe, die unter der Federführung des Europäischen Zentrums der WHO für Umwelt und Gesundheit in Bonn in Zusammenarbeit mit den Ländern erfolge. Später erläuterte Prof. Ernst Kuipers, der ehemalige Minister für Gesundheit, Wohlfahrt und Sport der Niederlande, aus einer globalen Perspektive, wie die Bedrohung weltweiter Errungenschaften im Gesundheitsbereich durch den Klimawandel als Anstoß für vor Kurzem angenommene Resolution WHA77.14 der Weltgesundheitsversammlung zum Thema Klimawandel und Gesundheit gedient habe.
Mit der Ausarbeitung des EPW 2 ergebe sich nun die Chance, den Klimawandel in die Gesundheitspolitik der Länder der Europäischen Region einzubeziehen.
Die ehemalige isländische Ministerpräsidentin Katrín Jakobsdóttir betonte zu Beginn der Anhörung, dass ein gesamtstaatlicher Ansatz, der die Bereiche Verkehr, Stadtplanung, Bildung und Gesundheit zusammenführt, sowohl für die Gesundheit als auch für den Klimaschutz von Vorteil sei. Sie ging auch auf das Vorhaben ein, noch in diesem Jahr eine Paneuropäische Kommission für Klima und Gesundheit einzuberufen. Als künftige Vorsitzende des Gremiums wies sie auf dessen Anspruch hin, die Politik für eine grundlegende Umgestaltung von Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen zu mobilisieren und pragmatische Vorschläge und Lösungen zu entwickeln.
Dr. Jane Goodall, Gründerin des Jane Goodall Institute und Friedensbotschafterin der Vereinten Nationen, erinnerte daran, dass die Natur, die biologische Vielfalt und das Klima miteinander verflochten seien und ihr Schutz dringendes Handeln erfordere. Dr. Goodall rief alle dazu auf, etwas zu verändern und unverzüglich zu handeln.
Sir Andrew Haines, Professor für Umweltveränderungen und öffentliche Gesundheit an der London School of Hygiene and Tropical Medicine, stellte die Klimawissenschaft und die Zusammenhänge zwischen Klima und Gesundheit vor. Er unterstrich die Notwendigkeit gesundheitsorientierter Anpassungs- und Klimaschutzkonzepte und plädierte für den Aufbau klimaresilienter Gesundheitssysteme mit einem niedrigen CO2-Ausstoß, die Verbesserung industrieller Prozesse und die Umstellung auf erneuerbare Energien und nachhaltige Verkehrssysteme.
Im Anschluss an die Hauptvorträge beleuchteten eine Reihe von „Blitzrednern“ verschiedene Aspekte der Klimapolitik. Zunächst erläuterte die slowenische Gesundheitsministerin Valentina Prevolnik Rupel aus nationaler Sicht, wie eine Gesetzesreform dazu beitragen könne, den Klimaschutz voranzutreiben und die Gesundheit zu schützen. So habe Slowenien Leitlinien für die Dekarbonisierung seines Gesundheitssystems sowie eine umfassende Strategie für den Bereich Klimawandel und Gesundheit ausgearbeitet, die als Modell für andere kleine Länder dienen könne.
Dr. Gulnara Mukhanova, Leiterin der Abteilung Internationale Zusammenarbeit und Integration beim kasachischen Gesundheitsministerium, betonte die Notwendigkeit, ressortübergreifend darauf hinzuarbeiten, gefährdete Gruppen und die ländliche Bevölkerung durch evidenzbasierte Lösungsansätze vor dem Klimawandel zu schützen.
Mit Blick auf die subnationale Ebene wies Heiko van Muylder, Kabinettschef des flämischen Ministers für Soziales und Armutsbekämpfung, Kultur und Chancengleichheit in Belgien, auf die Bedeutung von Indikatoren hin, die der Wissenschaft als Grundlage für eine evidenzbasierte Konzeptentwicklung dienten.
Dagur Eggertsson, Mitglied des isländischen Parlaments und ehemaliger Bürgermeister von Reykjavík, wies darauf hin, dass angesichts der Urbanisierung lokales Handeln die Lösung sei und dass es durch einen partizipativen und generationsübergreifenden Ansatz mit Beteiligung der Bevölkerung vor Ort gestärkt werde.
Katja Čič, Mitglied des Jugendrates der WHO, griff den generationsübergreifenden Aspekt auf und stellte fest, dass eine Beteiligung der Jugend von grundlegender Bedeutung sei, um den Klimaschutz voranzutreiben, dass die derzeitigen Politiksteuerungsstrukturen aktualisiert werden könnten, um den heutigen Bedürfnissen besser gerecht zu werden, und dass die Stimme der Jugend in politischen Entscheidungsprozessen immer noch zu wenig gehört werde.
Aus der Sicht von nichtstaatlichen Organisationen erläuterte Nina Renshaw, Leiterin der Abteilung Gesundheit beim Clean Air Fund, wie schnell Maßnahmen zur Verringerung der Nutzung fossiler Brennstoffe gesundheitliche Vorteile durch Verbesserung der Luftqualität brächten. Dringende Maßnahmen und Investitionen in die Energieeffizienz, die Nutzung umweltfreundlicherer Energien und der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und dazugehörigen Subventionen brächten den Klimaschutz substanziell voran und hätten erhebliche positive Auswirkungen auf die Gesundheit.
Prof. Mark Nieuwenhuijsen, Leiter des Programms für Luftverschmutzung und städtische Umwelt am Barcelona Institute for Global Health, gab Beispiele für neue Lösungsansätze in der Stadtplanung, die sowohl die CO2-Emissionen als auch die Lärmbelastung reduzieren und gleichzeitig die Grünflächen verbessern. Er hob die eindeutigen gesundheitlichen Vorteile hervor, die sich aus dem Streben nach einer chancengerechten Netto-Null-Zukunft für Städte durch ressortübergreifende Maßnahmen ergäben.
Themenbezogene Nebensitzungen
Fünf themenbezogene Gruppensitzungen ermöglichten eine aktive Beteiligung und eine Vertiefung der Diskussionen in Schlüsselbereichen der Thematik.
Schließung der Chancengerechtigkeitslücke: Um die am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen vor der Klimakrise zu schützen, müssen wir ihnen zuhören. Zu diesen Gruppen gehören u. a. Flüchtlinge, Obdachlose, Menschen mit chronischen Krankheiten und Behinderungen, indigene Gemeinschaften sowie Kinder und Jugendliche. Die Teilnehmer wiesen darauf hin, dass bei Maßnahmen im Bereich Klimawandel und Gesundheit niemand zurückgelassen werden dürfe, da eine inklusive Politik dazu beitrage, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Gerechtigkeit und Billigkeit staatlichen Handelns zu stärken. Auch die Beteiligung der Öffentlichkeit und die Mitgestaltung wurden als wesentliche Voraussetzungen dafür hervorgehoben, dass die Bevölkerung bei der Gestaltung von Maßnahmen ein Mitspracherecht habe und in ausgewogenem Maße von ihnen profitiere, sowohl auf nationaler als auch auf kommunaler Ebene. Die Teilnehmer stellten fest, dass langfristige Strategien im Bereich Klima und Gesundheit auch darauf abzielen müssten, die Schwächsten vor den Folgen des Klimawandels zu schützen.
Klimawandel als Bedrohung für die Gesundheitssicherheit: Der Klimawandel führt zu einer Beeinträchtigung der Gesundheitssicherheit durch Naturkatastrophen, Infektionskrankheiten, antimikrobielle Resistenz und die Anfälligkeit der Gesundheitssysteme. Er tritt zeitgleich mit anderen Krisen auf und wird durch diese verschärft und trifft so die am stärksten Gefährdeten am härtesten. Investitionen zugunsten der Stärkung der Gesundheitssicherheit können auch zur Bewältigung des Klimawandels und zur Stärkung der Klimaresilienz beitragen, müssen aber ressortübergreifend miteinander verknüpft werden.
Gesundheitsversorgung in einer Welt im Wandel: Um unsere Gesundheitssysteme und ihr Leistungsangebot zukunftssicher zu machen und auf den Klimawandel vorzubereiten, müssen wir uns mit der dreifachen planetären Krise – Klimawandel, Umweltverschmutzung und Verlust der Artenvielfalt – auseinandersetzen, indem wir die Nachhaltigkeit in politische Handlungskonzepte integrieren und eine widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen. Die Teilnehmer erkannten an, dass wir die Zusammenarbeit mit den Gesundheitsberufen verstärken und deren Ausbildung und Klimakompetenz verbessern müssen, indem wir die ressortübergreifende Zusammenarbeit fördern, die Zusammenhänge zwischen Klima und Gesundheit in die Lehrpläne der medizinischen Berufe aufnehmen und dafür sorgen, dass die Beschaffung von medizinischen Produkten und die Einführung neuer Technologien mit den Nachhaltigkeitszielen in Einklang gebracht werden.
Den Kreislauf durchbrechen – nichtübertragbare Krankheiten und psychische Gesundheit: Diese Sitzung befasste sich damit, dass der Klimawandel die Ausbreitung nichtübertragbarer Krankheiten und psychischer Erkrankungen begünstigt; dabei wurde festgestellt, dass vorbeugende Maßnahmen entscheidend zur Bekämpfung von Morbidität wie auch Mortalität beitragen. Die Annahme eines stärker ganzheitlichen Ansatzes im Bereich Klimawandel und Gesundheit kann Auswirkungen auf Bereiche wie städtische Grünflächen, eine sichere aktive Mobilität, nachhaltige Landwirtschaft, pflanzliche Ernährung und saubere Energie haben. Der Nutzen für die Gesundheit muss in konkrete und pragmatische Empfehlungen umgesetzt werden, die in Konzepte und Programme zur Bewältigung des Klimawandels integriert werden, die jedoch nur wirksam sein können, wenn die kommerziellen Determinanten von Gesundheit berücksichtigt werden und die Jugend einbezogen wird. Außerdem besteht ein Bedarf an datengestützter Forschung zu Themen wie Öko-Angst und den Auswirkungen des Rückgangs der biologischen Vielfalt.
Den nächsten Ausbruch stoppen: Diese Sitzung konzentrierte sich auf die Erkennung und Bekämpfung von klimabedingten Infektionskrankheiten. Dabei wurden die vielschichtigen Zusammenhänge zwischen Klimawandel und Gesundheit anerkannt. Es wurde dazu aufgerufen, den einheitlichen Gesundheitsansatz dazu zu nutzen, die ressortübergreifende Zusammenarbeit zur Bewältigung miteinander verbundener Risiken zu fördern, u. a. durch Investitionen in integrierte Überwachungssysteme für Umwelt und Gesundheit und die Prävention von Antibiotikaresistenzen, deren Risiko sich durch den Klimawandel erhöht. Die Teilnehmer unterstrichen die Notwendigkeit, Strategien zur Bewältigung des Klimawandels in die Vorsorge für und Reaktion auf Krankheitsausbrüche einzubeziehen, um Risiken und Schwachstellen anzugehen, etwa nach Überschwemmungen, bei denen die sofortige Verfügbarkeit von Impfstoffen das Risiko des Ausbruchs von durch Wasser übertragenen Krankheiten verringern kann. In den Diskussionen wurde auch die Notwendigkeit hervorgehoben, der Vorsorge Vorrang einzuräumen, indem die Verfügbarkeit von klimaresilienten Systemen zur Behandlung von Infektionskrankheiten sichergestellt wird, insbesondere für gefährdete Bevölkerungsgruppen wie Flüchtlinge.
Veranstaltungshinweis
28. Februar 2025, 10.00–13.00 Uhr MEZ
- ein breites Spektrum von maßgeblichen Interessengruppen für Anstrengungen im Bereich Klima und Gesundheit zu mobilisieren;
- umsetzbare Ideen für die Ausgestaltung des zweiten Europäischen Arbeitsprogramms 2026–2030 (EPW 2) zu sammeln; und
- Partnerschaften zu fördern, um Gesundheits- und Klimaschutzmaßnahmen in der gesamten Europäischen Region voranzutreiben.
- Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa;
- Dr. Jane Goodall, Gründerin des Jane Goodall Institute und Friedensbotschafterin der Vereinten Nationen;
- Andrew Haines, Professor für Umweltveränderungen und öffentliche Gesundheit, London School of Hygiene and Tropical Medicine; und
- Katrín Jakobsdóttir, ehemalige Ministerpräsidentin, Island.
Die Arbeit von WHO/Europa zur Bekämpfung des Klimawandels
- klimaresiliente Gesundheitssysteme
- CO2-arme, nachhaltige Gesundheitsangebote
- inklusive Lösungen für gefährdete Bevölkerungsgruppen.
Eine Reihe von Anhörungen, deren Ergebnisse in das EPW 2 einfließen werden

