Die Eisbahn im Stadtpark in Budapest (Ungarn). Es ist ein nebliger, grauer Tag, aber das Eis ist blendend weiß. Rund um die Eisbahn zeichnen sich die Umrisse einer Burg ab; alles wirkt fast wie aus einem Märchen. Unter den vielen Schlittschuhläufern fällt plötzlich ein Paar auf, das elegant tanzt und dabei immerzu lächelt. Innerhalb weniger Augenblicke versammelt sich eine Menschenmenge um sie. Am Ende der Musik verbeugen sie sich anmutig, und Applaus brandet auf. Das ist nicht ihr erstes Mal! Vor etwa einem Jahr wurde ein Tourist auf sie aufmerksam und lud ein kurzes Video ihrer Darbietung hoch, das sich innerhalb kürzester Zeit 32 Mio. Menschen ansahen. Natürlich hatten die Eistänzer keine Ahnung, dass sie zu Stars geworden waren. László und Mara lernten sich vor 14 Jahren kennen, und in wenigen Monaten werden beide 79 Jahre alt.
Für Mara und László ist das Schlittschuhlaufen nicht nur ein Hobby – es ist Beweis für die Philosophie „Altern ist leben“. Ihre Leidenschaft, aktiv zu bleiben, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und dem nachzugehen, was ihnen Freude bereitet, zeigt, wie gesundes Altern den Menschen ein erfülltes Leben in jedem Alter ermöglichen kann.
Mara Patai wurde praktisch mit Schlittschuhen an den Füßen geboren – ihr Vater entwarf die Kühlsysteme für alle Eisbahnen in Budapest. Mara nahm einige Jahre lang an Wettkämpfen teil, musste aber wegen einer Knöchelverletzung aufhören. In den 1960er Jahren heiratete sie und bekam zwei Söhne. Manchmal ging die Familie gemeinsam Schlittschuhlaufen. Ihr Mann starb in jungen Jahren bei einem Autounfall, was für Mara, die als Mikrobiologin arbeitete, ein schwerer Schlag war. Als sie in den Ruhestand ging, hatte sie viel freie Zeit, die aber auch mit vielen einsamen Stunden einherging. Zu dieser Zeit beschloss Mara, ihre Schlittschuhe wieder anzuziehen. „Das Leben hat uns sowohl Freude als auch Kummer bereitet“, sagt sie. „Ich glaube, wir sind beide ursprünglich aufs Eis gekommen, um zu vergessen; stattdessen haben wir das Glück gefunden.“ Ihr Lächeln verrät, dass es sich um echte Liebe handelt – genauer gesagt, um „Eisliebe“.
László Gombos läuft Schlittschuh seit er 10 Jahre alt ist, und seine Verbindung zum Eis ist nie abgerissen. Neben seiner Arbeit unterrichtete er Schlittschuhlaufen und gab seine Liebe zu diesem Sport an seinen Sohn und jüngst auch an seinen Enkel weiter, der häufig Videos von seinem inzwischen berühmten Großvater aufnimmt. Bei Lászlós Frau wurde in jungen Jahren Krebs diagnostiziert, und sie konnten nie das Leben zusammen genießen, das sie miteinander geplant hatten. Wenn er von ihr spricht, hat er immer noch Tränen in den Augen; ihren Verlust hat über die Jahrzehnte nie ganz überwunden. Nicht lange nach der Tragödie wurde bei László selbst Krebs diagnostiziert und er musste sich mehreren Operationen unterziehen. „Ich kämpfte gegen den Krebs, dann kam ein Bandscheibenvorfall, gefolgt von einem Magengeschwür, und ich hatte schreckliche Schmerzen. Wenn wir aufs Eis gehen, fühle ich mich manchmal wie ein alter, verkrüppelter Mann, aber nach eineinhalb Stunden Schlittschuhlaufen fühle ich mich wieder wie 20.“
Solange es in der Stadt Eis gibt, bringt der Tanz diesem aktiven Paar tägliches Glück, geistige Klarheit und körperliche Vitalität. Im Sommer spielen sie gerne Tischtennis, gehen gerne wandern und machen seit Kurzem auch Stand-up-Paddleboarding (SUP). Jeder ist neugierig, was ihr Geheimnis ist. Zum Beispiel, dass der wundervolle, harmonische Tanz von Mara und László eigentlich eine späte Liebesgeschichte ist. „Die Leute glauben gerne, dass hinter unserer Geschichte eine romantische Liebesgeschichte steckt, aber unsere Freundschaft und unsere Leidenschaft für das Eis sind mehr als nur Liebe. Wir tun das, was wir wirklich lieben. Das hilft uns, über jede Krankheit hinweg zu kommen, und macht uns wirklich glücklich“, sagt Mara. László fügt hinzu: „Mit fast 80 Jahren sind wir jetzt Vorbilder für unsere Familie und für alle, die Gelegenheit hatten, uns über das Eis gleiten zu sehen.“
Ein Bild von Maras und Lászlós Leidenschaft für das Schlittschuhlaufen ziert 2024 die Weihnachtskarte von WHO/Europa.
Die WHO und gesundes Altern
Soziale Teilhabe, Aktivität und geistiges Wohlbefinden sind für gesundes Altern von zentraler Bedeutung. Die Geschichte von Mara und László veranschaulicht auf wundervolle Weise die Botschaft „Altern ist leben“ – eine Reise, bei der aktiv, mit anderen verbunden und engagiert zu bleiben Sinn, Freude und Vitalität bringt. In der Lage zu sein, soziale Kontakte zu pflegen und am Gemeinschaftsleben teilzunehmen, hat einen erheblichen Einfluss auf die körperliche und geistige Gesundheit. Die WHO betont, wie wichtig es ist, soziale Isolation und Einsamkeit zu bekämpfen, insbesondere im Winter, wenn selbst eine kleine Geste der Freundlichkeit viel bewirken kann.
Der Fokus von WHO/Europa auf das Thema „Altern bei guter Gesundheit“ im Rahmen des zweiten Europäischen Arbeitsprogramms (EPW 2) spiegelt eine gemeinsame Vision wider: die Förderung eines Umfeldes, das es Menschen aller Altersgruppen ermöglicht, sich zu entfalten, Kontakte zu pflegen und ihr Leben mit Würde und Sinn zu leben. Das EPW 2, das derzeit ausgearbeitet wird, wird einen strategischen Ausblick auf ein Ansetzen an den umfassenden Kräften, die die Gesundheit langfristig beeinflussen, mit einem Prioritäten setzenden Fünfjahres-Arbeitsprogramm für die Europäische Region der WHO für den Zeitraum 2025–2030 kombinieren.