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Die Heiler heilen: Das medizinische Personal in Rumänien mit Instrumenten zur Stressbekämpfung ausstatten

3 December 2024
Die Herausforderungen zu verstehen, mit denen Ärzte und Pflegekräfte in ihrem Arbeitsumfeld konfrontiert sind, ist von entscheidender Bedeutung für die Erhaltung eines starken und widerstandsfähigen Gesundheitspersonals in der Europäischen Region. Da hierfür Daten entscheidend sind, hat WHO/Europa eine erste Umfrage ihrer Art zur psychischen Gesundheit und zum seelischen Wohlbefinden von Gesundheitsfachkräften in den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie Island und Norwegen initiiert.

Parallel zu dieser Umfrage veranstaltete das WHO-Länderbüro in Rumänien eine Reihe von Workshops, um den an vorderster Front tätigen Fachkräften im Gesundheitswesen praktische Instrumente zur Stressbewältigung, zur Verbesserung der Kommunikation und zur Förderung einer gesünderen Work-Life-Balance an die Hand zu geben – darunter auch eine der skalierbaren psychologischen Interventionen der WHO, das Handbuch „Gut mit Stress und Belastungen umgehen“. 

Die zwischen Februar und Mai 2024 in den vier größten Städten Rumäniens – Bukarest, Timișoara, Sibiu und Iași – abgehaltenen Workshops brachten eine vielfältige Gruppe aus Ärzten, Pflegekräften, Verwaltungspersonal und klinischem Personal aus einer Vielzahl von medizinischen Bereichen (darunter Pädiatrie, Pulmonologie, Kardiologie, Chirurgie und Neurologie) zusammen.

Unter der Leitung von Experten der WHO für psychische Gesundheit und psychologische Unterstützung lernten die Teilnehmer Strategien, die ihnen helfen sollen, in einem Umfeld mit hohem Druck beruflich, aber auch im Privatleben zurechtzukommen. Durch die Workshops wurden die Teilnehmer in die Lage versetzt, Stress besser zu bewältigen, was sich sowohl auf die Pflegekräfte als auch auf die von ihnen betreuten Patienten positiv auswirkt. 

Dr. Silvia Gatscher, Leiterin des Bereichs Health Operations im WHO-Länderbüro in Rumänien, betonte die Bedeutung von Initiativen zur Förderung der psychischen Gesundheit des Gesundheitspersonals: „Druck und Stress gehören zur Arbeit im Gesundheitswesen dazu, doch obwohl Gesundheitsfachkräfte dafür ausgebildet sind, mit diesem Stress umzugehen, können eine erhöhte Arbeitsbelastung, komplexe Erkrankungen und die Notwendigkeit, sich in Krisenzeiten schnell an neue Aufgaben anzupassen, ihren Tribut fordern. Wir arbeiten eng mit unseren Partnern im Gesundheitsbereich zusammen, um sicherzustellen, dass das Gesundheitspersonal entsprechende Unterstützung erhält.“

Stresssituationen mit einer geerdeten Haltung entgegentreten

Stress und Burnout unter Angehörigen der Gesundheitsberufe führen häufig zu emotionaler Erschöpfung, vermindertem Einfühlungsvermögen und einem Gefühl der Distanziertheit von der eigenen Arbeit. Sie können sich überfordert, ausgelaugt und unengagiert fühlen, was sich auf ihr allgemeines Wohlbefinden und die Qualität der von ihnen geleisteten Pflege auswirkt. 

Die Workshops zielten darauf ab, die Widerstandsfähigkeit zu stärken, die für Mitarbeiter im Gesundheits- und Pflegebereich von entscheidender Bedeutung ist, da sie ihnen ermöglicht, sich von Rückschlägen zu erholen, Stress zu bewältigen und ein starkes Gefühl der Sinnhaftigkeit und des Engagements für ihre Patienten und ihren Beruf zu bewahren.

Viele Teilnehmer äußerten, dass die Workshops zur rechten Zeit in Erinnerung riefen, wie wichtig es ist, mit Stress umzugehen und eine gute Work-Life-Balance aufrechtzuerhalten, und gleichzeitig praktische Techniken zur Bekämpfung von Burnout anboten, die sich leicht in ihre tägliche Routine im anspruchsvollen Umfeld von Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen integrieren lassen.

Roxana Anastase, Chief Medical Registrar

„Der Workshop half mir zu erkennen, dass ich einige dieser Techniken bereits intuitiv anwende. Mittlerweile mache ich bewusst von ihnen Gebrauch, und ich habe Veränderungen in der Art und Weise bemerkt, wie ich mit Patienten kommuniziere“, bemerkt Roxana Anastase, oberste Assistenzärztin im Nationalen Institut für Tuberkulose und Lungenkrankheiten „Marius Nasta“ in Bukarest. „Erst kürzlich sagte mir ein Patient: ,Es ist so schön hier, die Leute lächeln!‘ Diese Art von Feedback zeigt, wie sehr sich die Techniken auf meine Arbeit ausgewirkt haben.“

Dr Raluca Bobocea, Primary Pulmonologist and Medical Director

Dr. Raluca Bobocea, primäre Lungenfachärztin und medizinische Direktorin in derselben Gesundheitseinrichtung, erklärte: „In unserer täglichen Arbeit haben wir oft mit Patienten zu tun, die gestresst oder verunsichert sind. Wenn wir lernen, unseren eigenen Stress zu bewältigen, wirkt sich das positiv auf unseren Umgang mit ihnen aus. Der Workshop hat uns die Werkzeuge gegeben, um mit solchen Situationen besser umgehen zu können, was sowohl uns als auch unseren Patienten hilft. Ich habe immer noch das WHO-Handbuch ,Gut mit Stress und Belastungen umgehen‘ und schlage es bei Bedarf auf.“

Sich Zeit nehmen, um über psychische Gesundheit zu sprechen 

Durch die Zusammenführung von Gesundheitsfachkräften aus verschiedenen Fachbereichen förderten die Workshops die interdisziplinäre Zusammenarbeit und boten den medizinischen Fachkräften den Raum, voneinander zu lernen und gleichzeitig wichtige Fähigkeiten zur Selbsthilfe zu erwerben. Diese Initiative hat die Tür zu weiteren Bemühungen um eine bessere psychologische Betreuung im Gesundheitswesen geöffnet. Die Mitarbeiter des Gesundheitswesens verfügen nun über mehr Instrumente, um in einem Umfeld mit hohem Druck nicht nur zu überleben, sondern auch zu gedeihen, wodurch die Grundlagen für ein widerstandsfähigeres, mitfühlenderes und kooperativeres Gesundheitssystem in Rumänien gestärkt werden. „Wir setzen uns weiterhin dafür ein, die Ressourcen zu mobilisieren, um Gesundheitsfachkräfte, die unter Stress stehen, mit diesbezüglichem Fachwissen zu versorgen. Es ist unsere Pflicht, uns so gut wie möglich um jene zu kümmern, die für die Pflege anderer zuständig sind“, sagt Dr. Caroline Clarinval, Vertreterin des WHO-Länderbüros in Rumänien.

Unterstützung von WHO/Europa für die psychische Gesundheit des Gesundheits- und Pflegepersonals 

Um die Länder bei diesen Bemühungen besser zu unterstützen, will das WHO-Regionalbüro für Europa mit einer Umfrage in 29 Ländern, darunter auch Rumänien, weitere Daten über die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden von Ärzten und Pflegekräften erheben. Die Umfrage, die im Rahmen des gemeinsam mit der Europäischen Kommission organisierten Projekts „Bewältigung der Herausforderungen im Bereich der psychischen Gesundheit in den EU-Ländern, Island und Norwegen“ finanziert wird, wurde am 22. Oktober 2024 gestartet.