„Mein Körper weiß, wie er sich erholen kann. Das habe ich durch die Wettkämpfe in Kraftathletik gelernt. Ich habe erkannt, dass die Wettkämpfe die Übung waren. Die Erholung vom Brustkrebs ist das Spiel.“
Erst vor vier Monaten entdeckte Jasmine Lake einen Knoten in der Brust. Während ihrer Genesung von der vor Kurzem durchgeführten doppelten Mastektomie sprach sie mit WHO/Europa über ihre Erfahrungen mit der Diagnose und Behandlung beim National Health Service (NHS) in England.
Die in Singapur geborene Jasmine wuchs in Indien auf und studierte in Kanada, bevor sie sich vor elf Jahren mit ihrem kanadischen Mann in London niederließ. Sie ist Fitness-Trainerin und hat an Weltmeisterschaften in Kraftathletik teilgenommen.
„Ich taste meine Brüste regelmäßig ab, wahrscheinlich öfter als die meisten anderen Frauen.“ Sie führt ihr Bewusstsein für die Wichtigkeit von Brustselbstuntersuchungen auf ihr Fitness-Training, aber auch auf die sozialen Medien zurück, die sie für ihre Arbeit nutzt und wo sie auf Menschen trifft, die über ihre Erfahrungen mit Krebs berichten.
„Ich war unter der Dusche, und beim Abtasten war da ein Knoten, den ich zuvor noch nie bemerkt hatte.“ Das war Mitte Juni. Damals machte sie sich keine allzu großen Sorgen. „Ich dachte, das ist nichts. Es fühlte sich wie eine Beule an, ein bisschen wund. Meistens tun Knoten bei Brustkrebs nicht weh, und sie sind hart, nicht beweglich wie meiner.“
Der Weg zur Diagnose
Jasmine füllte ein Online-Konsultationsformular für Allgemeinärzte aus und erhielt schon am folgenden Tag einen Antwortanruf mit der Einladung zu einem Präsenztermin. Ihr Hausarzt überwies sie umgehend an die Brustklinik am St Bartholomew's Hospital, einem Kompetenzzentrum für die Krebsversorgung mitten in London.
In der Brustklinik werden nur Brustkrebspatientinnen behandelt, und alle Angebote werden unter einem Dach bereitgestellt. Dort wurden in weniger als einer Stunde Mammographie, Ultraschalluntersuchung und Biopsie durchgeführt.
Zwei Wochen später wurde sie wieder zu einem Termin in das Krankenhaus bestellt, wo ihr die Testergebnisse mitgeteilt wurden. Bei dieser Gelegenheit lernte sie ihre Krankenschwester Sarah und ihre Chirurgin Laura kennen. Sie waren dann bei sämtlichen späteren Terminen anwesend.
Nach dem anfänglichen Schock einer positiven Krebsdiagnose gewann Jasmines praktische und bodenständige Natur schnell die Oberhand. Sie war sich im Klaren darüber, dass Brustkrebs bei frühzeitiger Entdeckung gut behandelbar ist, und dadurch verlor die Diagnose viel von ihrem Schrecken. Jasmine benachrichtigte ihre Familie in Singapur von ihrer Krebsdiagnose und versicherte ihrer Mutter, dass es ihr gut gehe.
Als Nächstes stand eine Magnetresonanztomographie (MRT) an, die zehn Tage später stattfand (die übliche Wartezeit beträgt zwei Wochen). Eine Woche später lagen die Ergebnisse vor. Die MRT ergab, dass zusätzlich zu einem Knoten mit 1,8 cm Dicke auch eine Läsion von 4 cm Länge vorlag, die in einer Biopsie untersucht werden musste. Glücklicherweise konnte Jasmines lange geplanter Frankreichurlaub im August stattfinden, und am Tag nach ihrer Rückkehr ging sie zur Biopsie.
Die Ergebnisse bestätigten ein duktales Karzinom in situ (DCIS). Dies ist die früheste Form von Brustkrebs, bei der die Krebszellen in den Milchgängen sitzen und sich noch nicht auf das umgebende Brustgewebe ausgebreitet haben. Auch wenn DCIS nicht lebensbedrohlich ist, so wird doch in der Regel eine Behandlung empfohlen.
Prüfung der Behandlungsoptionen
Jasmine hatte schon mit eigenen Recherchen begonnen. Sie wusste schon, dass bei einer solchen Diagnose eine Mastektomie eher in Frage kommt als die weniger invasive Lumpektomie. Nachdem dies bestätigt worden war, wandte sich das Gespräch schnell hin zu Optionen für eine Brustrekonstruktion. Das war für Jasmine eine wesentliche Sorge, sowohl wegen der möglichen körperlichen Folgen als auch mit Blick auf ihren Beruf als Fitness-Trainerin.
Bei Patientinnen, bei denen eine Mastektomie durchgeführt wurde, wird üblicherweise eine Brustrekonstruktion mittels DIEP-Lappenplastik (Deep Inferior Epigastric Perforator) verschrieben. Dabei wird mit Unterbauchfett eine Brustwölbung aufgebaut. Stattdessen entschied sich Jasmine für Brustimplantate, um ihre Brustmuskulatur zu erhalten, die für ihre Fitness und ihr Training so wichtig ist.
Die Frage der Implantate war auch nicht einfach. Jasmine erkundigte sich in den sozialen Medien bei anderen Frauen über die Auswirkungen von Brustimplantaten auf Kraftathletinnen. Dann sprach sie mit ihrer Chirurgin über verschiedene Optionen und war erleichtert, als ihr Implantate über anstatt unter der Brustmuskulatur angeboten wurden, bei denen die Auswirkungen auf ihre Rumpfstärke nur gering sind.
Gemeinsame Entscheidung
Jasmine bekennt, dass sie bei der Besprechung von Behandlungsoptionen vor allem Angst davor hatte, nicht zu bekommen, was sie wollte. Doch ihre Chirurgin konnte sie erheblich beruhigen, indem sie alle Wünsche und Bedenken ernst nahm und sich für sie einsetzte.
Jasmine erfuhr, dass Entscheidungen über die Größe der Implantate und die Frage, ob Brustwarzen eingesetzt werden oder nicht, Auswirkungen auf die Komplexität der Operation und auf die Genesungszeit haben können. Sie wählte kleinere Brüste ohne Brustwarzen, möchte aber Brustwarzentatoos haben, was vom Krankenhaus angeboten wird. Auch wenn es nicht leicht war, solche Gespräche zu führen und schwierige Entscheidungen zu treffen, so ist Jasmine doch froh, in einem Land zu leben, wo ihr all diese Optionen angeboten werden.
„Haben Sie ein Datum für die Operation im Auge?“
Jasmine wurde gebeten, in Abhängigkeit von ihrer Bereitschaft für den Eingriff ein bevorzugtes Datum für die Operation anzugeben. Der frühestmögliche Termin war im September, zwei Wochen nach dem Termin, bei dem der Behandlungspfad vereinbart wurde. Jasmine beschloss, ihn zu nehmen.
Bei der Operation wurden das Krebsgewebe und die Lymphknoten entfernt und die Brustimplantate eingesetzt. Die Lymphknoten werden derzeit untersucht, um zu bestimmen, ob Jasmine eine Chemotherapie benötigt.
Jetzt ist es Oktober. Jasmines Genesung ist bemerkenswert schnell verlaufen, auch dank ihrer großen Fitness zum Zeitpunkt ihrer Diagnose. Inzwischen erscheint der Juni weit weg.
Das Warten auf Ergebnisse ist ein ständiger Bestandteil eines Versorgungspfades. Während Jasmine geduldig auf die Ergebnisse der Untersuchung ihrer Lymphknoten wartet, ist sie ungeheuer zufrieden mit der Versorgung, die sie erhalten hat. Insbesondere hebt sie die kontinuierliche Kommunikation mit ihrer Krebskrankenschwester hervor, die sie telefonisch regelmäßig informiert, auch wenn es keine Neuigkeiten gibt. Abgesehen von ein paar kleineren administrativen Fehlern, die keine Auswirkungen auf ihre Versorgung hatten, aber für etwas Verwirrung sorgten, hat sie keine Klagen über ihre Versorgung.
Die Erfahrung hat sie weniger verändert, sondern sie eher in ihrer Grundüberzeugung bestärkt: „Mach das Beste aus dem, was du hast.“
Jasmines Geschichte ist ein Beispiel für eine optimal verlaufene Krebsbehandlung – von der Früherkennung über eine schnelle Diagnose bis zu einer gut zugänglichen und bezahlbaren Behandlung.