Während einer Pressekonferenz zu COVID-19 betonte Dr. Bruce Aylward, Sonderberater des WHO-Generaldirektors Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, wie wichtig es für die Länder sei zu verstehen, dass das Virus selbst die widerstandsfähigsten Gesundheitssysteme überfordern könne. Daher müsse das Gesundheitswesen komplett neu ausgerichtet werden.
Dr. Aylward kehrte jüngst aus Spanien zurück, wo er eine Mission geleitet hatte, um Erkenntnisse aus dem raschen Ausbruch von COVID-19 im Land zu gewinnen und hinsichtlich nationaler wie auch internationaler Gegenmaßnahmen beratend zur Seite zu stehen. Die Mission umfasste den Besuch der Hauptstadt und dreier Regionen sowie zahlreicher Gesundheitseinrichtungen.
Geschwindigkeit des Krankheitsausbruchs
In seinen Ausführungen zu COVID-19 verwies Dr. Aylward auf die rasche Geschwindigkeit, mit der sich die Krankheit innerhalb weniger Tage ausbreiten kann, wie es in Spanien der Fall war. Dieser dramatische Anstieg der Fallzahlen stellt selbst hoch entwickelte, fortschrittliche Gesundheitssysteme vor zahlreiche Herausforderungen.
Im Kampf gegen die Krankheit arbeitet das Gesundheitspersonal Spaniens unter schwierigen Bedingungen unermüdlich, um Patienten zu behandeln. Aufgrund dessen war die Regierung gezwungen, ihre Gegenmaßnahmen anzupassen und strenge Ausgangssperren zu erlassen, die dem Land dabei geholfen haben, die Ausbreitung der Krankheit zu verlangsamen und Zeit für die Umgestaltung des Gesundheitssystems zu gewinnen.
Die Fähigkeit von COVID-19, sich rasch auszubreiten, sollte nicht unterschätzt werden. Die in Spanien und anderen Ländern ergriffenen außergewöhnlichen Maßnahmen sind daher gerechtfertigt, um das Virus einzudämmen und seine weitreichenden Folgen zu mindern.
Da auch widerstandsfähige Gesundheitssysteme unter Druck geraten, erläuterte Dr. Aylward, dass in sämtlichen Ländern Notfallpläne in den Fokus rücken. Hierzu zählen Maßnahmen für eine rasche Neuausrichtung und Umrüstung des gesamten Gesundheitswesens, bei der auch Worst-Case-Szenarien Berücksichtigung finden.
Ausgangssperren als Chance
Dr. Aylward fügte hinzu, dass Ausgangssperren zwar wichtig seien, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen, dass sie es aber nicht gänzlich stoppen könnten. In erster Linie sollten die Länder so viele Tests wie möglich durchführen und gleichzeitig Patienten mit einer bestätigten COVID-19-Erkrankung isolieren und ihre Kontaktpersonen ermitteln und unter Quarantäne stellen.
Zudem machte Dr. Aylward deutlich, dass Länder und Regierungen die gegenwärtig geltenden Ausgangssperren als Chance sehen sollten, um sich auf eine allmähliche und kontrollierte Aufhebung der Beschränkungen vorzubereiten.
Angesichts der Tatsache, dass viele Länder der Europäischen Region mittlerweile den Höhepunkt der Coronavirus-Fallzahlen erreicht zu haben scheinen und andere über den Übergang in die nächste Phase sprechen, ist es wichtig, dass Regierungen und Gesundheitssysteme auch weiterhin Kapazitäten aufbauen, um zu verhindern, dass sie von einem möglichen Wiederanstieg der Fallzahlen überfordert werden.
Patienten mit COVID-19
Nachdem er in Spanien verschiedene Gesundheitseinrichtungen besucht hatte, bemerkte Dr. Aylward, dass zwar viele Menschen im Alter über 60 Jahre aufgrund von COVID-19 ins Krankenhaus eingeliefert würden, jedoch eine erhebliche Zahl der Patienten auf den Intensivstationen, die einer fachgerechten Versorgung bedürfen, auch jünger seien. Er erklärte, dass viele der Patienten auf den Intensivstationen dort ungefähr drei Wochen verbringen und nach ihrer Erkrankung eine lange Rehabilitationsphase durchlaufen.
Dr. Aylward betonte die Folgen dieser Krankenhausaufenthalte für die Regierungen und forderte diese eindringlich auf, sich der Herausforderungen bewusst zu machen, insbesondere im Hinblick auf die Nachfrage nach Beatmungsgeräten und Betten auf Intensivstationen weltweit.
Im gesamten Verlauf der Pressekonferenz betonte Dr. Aylward wiederholt den Heroismus der Gesundheitsfachkräfte an vorderster Front, die darum bemüht sind, eine der größten Herausforderungen für das öffentliche Gesundheitswesen unserer Zeit einzudämmen.