Erklärung – Eine kühne neue Strategie für Gesundheit und nachhaltige Entwicklung vor dem Hintergrund von Pandemien

10 September 2021
Statement
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Erklärung von Prof. Mario Monti, Vorsitzender der Paneuropäischen Kommission für Gesundheit und nachhaltige Entwicklung, an die Presse

10. September 2021

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Presse, sehr geehrter Herr Regionaldirektor, lieber Hans, sehr geehrte Herren Professoren McKee und Mossialos, sehr geehrte Mitglieder der Kommission! Ich freue mich über die Gelegenheit, heute in Ihrer Anwesenheit die Ergebnisse und Empfehlungen der Paneuropäischen Kommission für Gesundheit und nachhaltige Entwicklung präsentieren zu können.

Zu Beginn dieses Jahrzehnts stand die Welt vor einer ebenso monumentalen wie unerwarteten Belastungsprobe: der COVID-19-Pandemie. Wenn wir die Entwicklung in den seitdem vergangenen Monaten betrachten, so kann es für uns keinen Zweifel geben, dass unsere politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Systeme bei der Bewältigung der alles prägenden Krise unserer Zeit in fataler Weise versagt haben.

Die Folge waren ein tragischer Verlust von Menschenleben und katastrophale Auswirkungen auf menschliche Existenzen. Diese Folgen unseres Versagens während der Pandemie dürfen wir nicht hinnehmen, ohne zu versuchen, ihre Ursachen zu bestimmen und gezielt zu bekämpfen. Wir müssen uns bemühen, aus dieser Finsternis kommend Hoffnung zu schöpfen. Dies war der Grund für die Einberufung der Paneuropäischen Kommission für Gesundheit und nachhaltige Entwicklung – und dafür, dass wir Ihnen heute unsere Empfehlungen präsentieren.

Führende Experten aus den Bereichen Politik, Lebenswissenschaften, Ökonomie, Gesundheits- und Sozialwesen sowie Wirtschaft und Finanzen sind sich über die Notwendigkeit zweiter neuartiger Lösungsansätze für das weitere Vorgehen einig. Erstens müssen wir uns über die vielfältigen Zusammenhänge zwischen der menschlichen Gesundheit und der Gesundheit von Tieren, Pflanzen und unserem Planeten insgesamt im Klaren sein – im Hinblick auf den Schutz von Umwelt, Artenvielfalt und Klima. Und zweitens muss der daraus resultierende einheitliche Gesundheitsansatz eng in einen breiteren und zusammenhängenden Politikrahmen eingebettet sein, der ökonomische, finanzielle, technologische, soziale und internationale Konzepte umfasst.

Heute möchte ich zusammen mit den anderen Mitgliedern der Kommission die Früchte eines Jahres der Untersuchung und Forschung, der Beratungen und Überlegungen mit Ihnen teilen. Wir sind überzeugt, dass die in unserem Bericht genannten sieben Ziele und die damit zusammenhängenden Empfehlungen Klarheit schaffen – ein Licht, nach dem wir unseren Weg zu einer ausgewogenen, nachhaltigen Entwicklung neu ausrichten können:

  • Wir schlagen den Ländern vor, Strategien im Sinne des einheitlichen Gesundheitsansatzes einzuführen, sodass die durch die Schnittstelle zwischen Human-, Veterinär- und Umweltmedizin bedingten Verknüpfungen und Risiken auf koordinierte Art und Weise in Angriff genommen werden können.
  • Wir appellieren an die Länder, tief verwurzelte Ungleichheiten zu bekämpfen, unter prekären Umständen lebende Menschen zu bestimmen und Konzepte zu entwickeln, die ihnen mehr Sicherheit geben.
  • Wir bitten darum, die Risiken und Erträge von Innovationen und Entwicklung gleichmäßig zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor zu verteilen.
  • Wir streben höhere Investitionen in die Gesundheitssysteme, insbesondere in die primäre Gesundheitsversorgung und die psychische Gesundheitsversorgung, sowie in das Gesundheitspersonal an.
  • Wir heben die Notwendigkeit der Stärkung von Surveillance, Frühwarnsystemen und Maßnahmen der Krisenbekämpfung hervor.
  • Wir schlagen vor, die Politiksteuerung im Gesundheitsbereich auf globaler Ebene zu verbessern, und zwar durch Schaffung eines Globalen Gesundheitsrates unter dem Dach der G20, einen Pandemievertrag zur Förderung gemeinsamer Entscheidungsprozesse und eine globale Regelung für Pandemieimpfstoffe.
  • Wir befürworten die Einrichtung eines Paneuropäischen Rates für Gesundheitsgefahren und eines Paneuropäischen Netzwerks für Krankheitsbekämpfung, um das politische Engagement aufrechtzuerhalten und wirksame Antworten auf neu auftretende Bedrohungen zu finden.

Diese und weitere Empfehlungen können Sie dem Bericht entnehmen.

Nun bleibt es mir nur noch, jedem einzelnen Mitglied der Kommission für seinen Einsatz, seinen Teamgeist und seine fachlichen Beiträge zu danken, die unschätzbar wichtige Anleitung und Unterstützung durch Prof. Martin McKee und Prof Elias Mossialos anzuerkennen, die die wissenschaftliche Stringenz unserer Arbeit sichergestellt und die wissenschaftliche Bestandsaufnahme koordiniert haben, und ferner anzuerkennen, dass diese Kommission und ihr Bericht ohne die Einsicht und Tatkraft des WHO-Regionaldirektors für Europa, Dr. Kluge, nicht möglich gewesen wären.

Die Welt ist ohne Weitblick in die COVID-19-Krise geraten und war nicht bereit und in der Lage, sich angesichts dringender Herausforderungen zu einigen. Die Länder steckten fest, weil sie nur vor der eigenen Haustüre kehrten und grenzüberschreitende Probleme mit veralteten nationalen Konzepten zu lösen versuchten.

Künftige Generationen werden uns nicht für unsere Kurzsichtigkeit danken. Wir brauchen eine neue Vision. In diesem Sinne stellen wir Ihnen eine kühne neue Strategie für Gesundheit und nachhaltige Entwicklung vor dem Hintergrund von Pandemien vor.

Ich danke Ihnen.