Auch wenn wir nicht mehr an demselben Ort sind wie noch vor einem Jahr, so liegt doch auf der Hand, dass die COVID-19-Pandemie noch nicht vorüber ist. Leider weisen die Indikatoren in der Europäischen Region wieder eine steigende Tendenz auf, was auf den Beginn einer weiteren Infektionswelle hindeutet. Mit Beginn der Herbst- und Wintersaison ist auch ein Wiederanstieg der Zahl der Grippeerkrankungen zu erwarten.
Vor diesem Hintergrund bestätigen wir erneut die Notwendigkeit, die Gesundheit der Bürger – und insbesondere der besonders gefährdeten Gruppen – mit allen verfügbaren Mitteln zu schützen, namentlich durch Impfungen. Die Bereitschaftsplanung in der Europäischen Region der WHO muss fortgesetzt werden – wir dürfen jetzt nicht nachlässig werden.
Die potenzielle Kozirkulation von COVID-19 und saisonaler Influenza setzt besonders gefährdete Gruppen einem erhöhten Risiko eines schweren bis tödlichen Krankheitsverlaufs aus. Dies dürfte zu verstärktem Druck auf Gesundheitssysteme und Gesundheitspersonal führen, die nach fast drei Jahren an vorderster Front im Kampf gegen die Pandemie ohnehin schon erschöpft sind.
Wir müssen die Belastung unserer Gesundheitssysteme durch diese Kozirkulation vermeiden. Zusammen mit den gesundheitlichen Maßnahmen sind Impfungen nach wie vor eines unserer wirksamsten Instrumente gegen beide Viren. Wir appellieren dringend an die Länder der Europäischen Region, den Schutz der am stärksten gefährdeten Gruppen nach Möglichkeit durch gleichzeitige Verabreichung der Impfungen gegen Influenza und COVID-19 sicherzustellen.
Millionen Menschen in der Europäischen Region sind immer noch nicht gegen COVID-19 geimpft. Die Länder sollten alles in ihren Kräften Stehende tun, um die Ungeimpften zu erreichen, und dafür sorgen, dass sie ihre Erstimpfungen gegen COVID-19 erhalten und dass die gemäß den geltenden nationalen Empfehlungen vorrangigen Gruppen flächendeckend Auffrischungsimpfungen erhalten.
Viele der Personen mit hohem Risiko eines schweren Verlaufs von COVID-19 tragen auch ein hohes Risiko, im Falle einer Grippeinfektion schwer zu erkranken. Es ist wichtig, folgende vorrangige Gruppen gegen Influenza und COVID-19 zu impfen: Gesundheitspersonal, Menschen über 60 Jahre, Schwangere und Personen mit Begleit- bzw. Vorerkrankungen.
Die südliche Halbkugel, wo gerade der Winter zu Ende gegangen ist, hat eine frühe und äußerst aktive Grippesaison hinter sich. Auch wenn wir nicht genau wissen, worauf wir uns in der Europäischen Region einstellen sollen, könnte
uns auch auf der Nordhalbkugel im Herbst und Winter ein ähnliches Szenario bevorstehen. Deshalb müssen wir bereit sein und umgehend handeln.
Unsere Botschaft ist einfach: Impfungen retten Menschenleben. Sie verringern die Wahrscheinlichkeit einer Infektion und auch das Risiko schwerer Verläufe bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 und saisonaler Influenza. Wir dürfen keine Zeit verlieren. Wir ermutigen alle in Frage kommenden Personen, und insbesondere die am stärksten gefährdeten, sich so bald wie möglich gegen COVID-19 und Influenza impfen zu lassen.
Hintergrund
Um den Ländern bei der Vorbereitung ihrer Reaktion auf die zu erwartende Zunahme der Fälle von COVID-19 und Influenza in den kommenden Monaten behilflich zu sein, hat die Europäische Kommission eine Mitteilung über die Vorbereitungen auf die Herbst- und Wintersaison 2022–2023 veröffentlicht. WHO/Europa hat strategische Empfehlungen zum Schutz der gefährdetsten Gruppen veröffentlicht.
In diesen Dokumenten werden die Länder in allen Teilen der Europäischen Region, die insgesamt 53 Länder Europas und Zentralasiens umfasst, zu einer Wiederaufnahme ihrer Risikominderungsmaßnahmen und zur Vorbereitung auf eine erhöhte Belastung ihrer Gesundheitssysteme aufgefordert.

