Neuer Bericht von WHO/Europa: Ein Siebtel aller Kinder und Jugendlichen in der Europäischen Region der WHO lebt mit einer psychischen Erkrankung

Athen und Kopenhagen, 12. November 2025

13 November 2025
Media release
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WHO/Europa hat durch sein Büro für Versorgungsqualität und Patientensicherheit in Athen und sein Referat Psychische Gesundheit und Wohlbefinden den neuen Bericht mit dem Titel „Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in der Europäischen Region der WHO: Eine Bestandsaufnahme und Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgungsqualität“ veröffentlicht.

Dieser enthält erstmals umfassende Daten über den Stand der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in der Europäischen Region. Er verdeutlicht, dass die Bedürfnisse junger Menschen in Bezug auf psychische Gesundheit erheblich sind und weiter wachsen und dass es bei Qualität und Zugänglichkeit der Versorgung schwerwiegende Lücken gibt.

Wachsende Herausforderungen für die psychische Gesundheit

Dem Bericht zufolge leidet ein Siebtel aller Kinder und Jugendlichen in der Europäischen Region an einer psychischen Erkrankung. Dabei sind Mädchen überproportional betroffen: Jedes vierte Mädchen im Alter von 15 bis 19 Jahren leidet an einer psychischen Erkrankung. Suizid ist weiterhin die führende Todesursache in der Altersgruppe von 15 bis 29 Jahren.

Die Prävalenz psychischer Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen im Alter bis 19 Jahre ist in den letzten 15 Jahren um ein Drittel gestiegen. Doch das Leistungsangebot hat mit dieser steigenden Nachfrage nicht Schritt gehalten.

Aktuelle Lage in der Europäischen Region:
  • In einem Viertel der Länder gibt es keine gemeindenahen psychosozialen Dienste für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene.
  • In einem Fünftel der Länder gibt es kein spezielles Konzept für die psychischen Gesundheitsbedürfnisse dieser Altersgruppen.
  • Die Versorgungsqualität im Bereich der psychischen Gesundheit ist von Land zu Land sehr unterschiedlich.
  • Auf 76 000 Kinder und Jugendliche kommt nur ein Psychiater.

Ein Aufruf zur Verbesserung der Versorgungsqualität

In dem Bericht sofortige und koordinierte Maßnahmen gefordert, um diese Lücken zu schließen und sicherzustellen, dass alle Kinder und Jugendlichen Zugang zu einer qualitativ hochwertigen, patientenorientierten psychosozialen Versorgung erhalten. Konkret werden neun vorrangige Maßnahmen für Regierungen und Partnerorganisationen festgelegt: 
  1. Entwicklung und Koordinierung nationaler Aktionspläne und Rechtsvorschriften;  
  2. Einbeziehung von Anreizen und Finanzierung zum Zwecke der Qualitätsverbesserung;  
  3. Festlegung von Qualitätsnormen, Protokollen und klinischen Leitlinien;  
  4. Verankerung der kontinuierlichen Qualitätsverbesserung in allen Systemen;  
  5. Neugestaltung von Leistungserbringungsmodellen unter Berücksichtigung der Bedürfnisse von Kindern, Jugendlichen und Betreuern;
  6. Einbindung und Befähigung von Kindern, jungen Menschen, Familien und Gemeinschaften;  
  7. Investitionen in das Gesundheitspersonal, damit es den Bedürfnissen der Bevölkerung gerecht wird;  
  8. Messung der für Kinder und Familien relevanten Resultate;  
  9. Recherchen und Erfahrungsaustausch über bewährte Lösungen.  
„Dieser Bericht ist ein Weckruf für die Europäische Region. Jedes Kind und jeder junge Mensch hat das Recht auf psychosoziale Betreuung und eine hochwertige Versorgung. Wenn die Länder jetzt handeln, können sie widerstandsfähige Systeme aufbauen, damit die nächste Generationen gedeihen kann“, erklärt Dr. João Breda, Leiter des Büros der WHO für Versorgungsqualität und Patientensicherheit in Athen und Sonderbeauftragter und kommissarischer Leiter des WHO-Länderbüros in Griechenland.

Dr. Ledia Lazëri, Regionalbeauftragte für psychische Gesundheit bei WHO/Europa, betont: „Dies ist das erste Mal, dass WHO/Europa umfassende Daten zur psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in einem Bericht zusammenführt. Sie können von Forschern, politischen Entscheidungsträgern und Klinikern genutzt werden, um fundierte Entscheidungen über die Entwicklung von Dienstleistungen, die Politikgestaltung sowie die Erfolgskontrolle und Bewertung zu treffen.“

Dr. Lazëri fügt hinzu: „Dieser wegweisende Bericht ist ein Wendepunkt, der die längst überfällige Aufmerksamkeit auf eine wachsende Priorität lenkt, die die Zukunft unserer Region prägen wird.“ 

Die Publikation ist Teil der umfassenderen Bemühungen von WHO/Europa, die Länder bei der Umgestaltung der psychosozialen Versorgung zu unterstützen und eine chancengerechte, qualitativ hochwertige Versorgung für alle zu gewährleisten.

Der vollständige Bericht ist über diesen Link abrufbar.