WHO veröffentlicht Reihe von Faktenblättern zu umweltbedingten gesundheitlichen Ungleichheiten in der Europäischen Region

16 February 2022
News release
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Während umweltbedingte Risikofaktoren für mindestens 15% der Mortalität in der Europäischen Region der WHO verantwortlich sind, sind anfällige Gruppen infolge von Ungleichheiten bei Umweltbelastungen einem höheren Risiko als andere ausgesetzt, unter die durch diese Risikofaktoren bedingten 1,4 Mio. Todesfälle im Jahr zu fallen.

Um das Ausmaß dieser Ungleichheiten innerhalb der Länder zu dokumentieren und genauer darüber zu berichten, hat die WHO die ersten sieben einer Reihe von Faktenblättern zu umweltbedingten gesundheitlichen Ungleichheiten veröffentlicht, bei der Wohnverhältnisse und der Zugang zu Trinkwasser und Sanitärversorgung im Mittelpunkt stehen. 

Die Faktenblätter zeigen beispielsweise, dass Haushalte mit alleinerziehenden Elternteilen und geringem Einkommen dreimal häufiger im Winter mit Heizproblemen zu kämpfen haben und dass Bevölkerungsgruppen mit dem geringsten Einkommen mindestens fünfmal häufiger Trinkwasser aus potenziell unsicheren Quellen beziehen.

„Die zusammengetragenen Daten zeigen, dass in allen Ländern der gesamten Europäischen Region der WHO benachteiligte Untergruppen der Bevölkerung erheblich häufiger und in größerem Umfang umweltbedingten Risikofaktoren ausgesetzt sein können als begünstigte Untergruppen. Dies ist eine wahrhaft beunruhigende Erkenntnis für alle, die im Bereich der öffentlichen Gesundheit tätig sind“, erklärt Francesca Racioppi, Leiterin des Europäischen Zentrums der WHO für Umwelt und Gesundheit. 

Die Verringerung vieler umweltbedingter Gesundheitsrisiken über die letzten Jahre zeigt, dass Interventionen im Umweltbereich wirksam zur Prävention von Gesundheitsfolgen beitragen, dabei oft aber anfällige Bevölkerungsgruppen nicht schützen. Deshalb sind länderspezifische und lokale Strategien, die auf die am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen abzielen, notwendig, um diese Ungleichheiten wirksam abzubauen. 

„Die in den Faktenblättern vorgestellten Daten zu bestehenden Ungleichheiten erfordern eine stärkere Berücksichtigung der Folgen nationaler Verordnungen im Hinblick auf die Chancengleichheit und sollten anhand von nationalen Daten und Rahmenkonzepten bekräftigt und ausgewertet werden“, erläutert Sinaia Netanyahu, Leiterin des Programms für Umwelt- und Gesundheitsfolgenabschätzung im Europäischen Zentrum der WHO für Umwelt und Gesundheit.

Das Europäische Arbeitsprogramm 2020–2025 betont, wie wichtig es ist, strategische Informationen über die Verteilung von Gesundheit und Wohlbefinden sowie die bestehenden Ungleichheiten auf diesem Gebiet auszuarbeiten. Die sich an dieser Priorität orientierenden Faktenblätter zu umweltbedingten gesundheitlichen Ungleichheiten schaffen Gelegenheit für einen nationalen Politikdialog zu diesem Thema, unter Einbeziehung von Gesundheit und Wohlbefinden marginalisierter, unterversorgter und anfälliger Gruppen.

Die Reihe von Faktenblättern wird mit Unterstützung des WHO-Kooperationszentrums für umweltbedingte gesundheitliche Ungleichheiten am Institut für Public Health und Pflegeforschung der Universität Bremen produziert. Die Reihe ist eine Folgemaßnahme zu den beiden in den Jahren 2012 und 2019 von WHO/Europa veröffentlichten Sachstandsberichten über umweltbedingte gesundheitliche Ungleichheiten in der Europäischen Region. 

„Die kontinuierliche Überwachung und Bewertung des Ausmaßes umweltbedingter gesundheitlicher Ungleichheiten ist eine wichtige Voraussetzung für die Ausarbeitung angemessener Handlungskonzepte und Interventionen sowie die Verringerung der wachsenden sozialen Kluft in unseren Gesellschaften“, erklärt Gabriele Bolte, Leiterin des WHO-Kooperationszentrums an der Universität Bremen. 

Das Kooperationszentrum hat sich dazu verpflichtet, jährlich eine Reihe von Faktenblättern mit entsprechenden Indikatoren zu aktualisieren, die konsistente und zeitnahe Überwachung umweltbedingter gesundheitlicher Ungleichheiten zu gewährleisten und die Mitgliedstaaten in der Europäischen Region der WHO mit relevanten Daten und Erkenntnissen zu unterstützen.