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Gesundheitsförderung durch Sport: neuer Leitfaden der WHO für Vereine und Gemeinden

17 September 2025
News release
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Bewegungsförderung zugunsten der Gesundheit steht im Mittelpunkt des neuen Leitfadens von WHO/Europa für Sportvereine, Vorstände und andere Entscheidungsträger. Obwohl Sport seit Langem für seine günstige körperliche, psychische und soziale Wirkung bekannt ist, führt die Teilnahme am Sport nicht automatisch zu einer besseren Gesundheit. Denn Verletzungen, Ausgrenzung, Diskriminierung oder ungesunde Sponsorenverhältnisse können seine positiven Auswirkungen untergraben. Der „Praktische Ratgeber für Vorstände gesundheitsfördernder Sportvereine“ zielt darauf ab, die Gesundheitsförderung in den Mittelpunkt des Sportlebens zu stellen. 

Der neue Ratgeber wurde auf einer Konferenz in Litauen anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Europäischen Netzwerks für gesundheitsförderliche Bewegung (HEPA Europa) präsentiert. HEPA wird von der WHO unterstützt und ist ein zentrales Ergebnis der Arbeitsgruppe „Bewegungs- und Gesundheitsförderung in Sportvereinen“. Das Netzwerk bringt Organisationen und Institutionen auf regionsweiter, nationaler oder subnationaler Ebene zusammen, die bereit sind, zu Bewegungsförderung zugunsten der Gesundheit beizutragen.

Förderung der Gesundheit durch Sport: nicht nur für Sportler

„In der gesamten Europäischen Region der WHO treiben Millionen von Menschen in kommunalen Sportvereinen organisierten Sport. Diese Vereine sind mehr als nur Orte für Training oder Wettkämpfe – sie können auch einfach körperliche Aktivität fördern und den Lebensstil unserer Kinder, Familien und Gemeinden beeinflussen. Mit 54 Millionen Aktiven und der Unterstützung von 27 Millionen Freiwilligen haben Sportvereine das Potenzial, gesündere Generationen heranzuziehen,” sagt Dr. Kremlin Wickramasinghe, Regionalbeauftragter für Ernährung, Bewegung und Adipositasbekämpfung bei WHO/Europa.

Bewegung gehört zu den wirksamsten Mitteln zur Verringerung der Gefährdung durch nichtübertragbare Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Diabetes. Allein in der Europäischen Union könnten bei einer Steigerung der körperlichen Betätigung auf das von der WHO empfohlene Mindestmaß (150 Minuten moderater körperlicher Betätigung pro Woche) bis 2050 11,5 Mio. neue Fälle nichtübertragbarer Krankheiten, darunter 3,8 Mio. Fälle von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und mehr als 400 000 Fälle von Krebs, vermieden werden. Die wirtschaftlichen Vorteile einer Erhöhung der körperlichen Betätigung werden auf 8 Mrd. € pro Jahr geschätzt.

Was ist ein gesundheitsfördernder Sportverein?

Ein gesundheitsfördernder Verein baut nicht nur Sportler auf, sondern auch eine wohlhabende Gesellschaft, und er stärkt die Verbindungen innerhalb von Gemeinschaften und fördert Integration, Inklusion und gesündere Entscheidungen.

„Sport ist ein ideales Umfeld für die Gesundheitsförderung, da die meisten Europäer Sport treiben, um ihre Gesundheit zu verbessern. Sportorganisationen spielen eine Schlüsselrolle bei der Gesundheitsförderung, aber es fehlt ihnen an Know-how dafür, wie sie sie gestalten und umsetzen sollen“, sagt Dr. Aurelie Van Hoye, Professorin an der Université de Lorraine (Frankreich) und Leiterin der Arbeitsgruppe „Bewegungs- und Gesundheitsförderung in Sportvereinen“ bei HEPA Europa.

In dem Leitfaden von WHO/Europa wird ein gesundheitsfördernder Sportverein als ein gemeinnütziger Verein definiert, der die Gesundheitsförderung bewusst und systematisch in seine Satzung, Strategien und Aktivitäten integriert. Anstatt sich nur auf Ergebnisse wie Fitness oder Leistung zu konzentrieren, beziehen diese Vereine die Gesundheit in alles ein, was sie tun, und fördern eine Kultur, in der die Gesundheit im Mittelpunkt der täglichen Praxis steht.

Zu den wichtigsten Grundsätzen zählen:
  1. Beschäftigung mit verschiedenen gesundheitsbezogenen Themen (nicht nur Bewegung, sondern auch Ernährung, Integration, Nachhaltigkeit, psychische Gesundheit und Verletzungsprävention);
  2. Einbindung aller Mitglieder – Trainer, Vorstand, Sportler und Eltern – in die Entscheidungsprozesse;
  3. Einbeziehung von externen Partnern wie Kommunen oder Gesundheitsfachkräften;
  4. Anpassung der Gesundheitsförderung an die spezifischen Gegebenheiten in jedem Verein; und
  5. Gesundheitsförderung als kontinuierlicher Entwicklungsprozess.

Die Stufen der Entwicklung: von passiv bis umfassend

Im Leitfaden von WHO/Europa wird ein Stufenmodell vorgestellt, das zeigt, wie sich die Vereine schrittweise umstellen können. Dieser Stufenansatz macht deutlich, dass die Gesundheitsförderung eine Reise ist und kein einmaliges Projekt. Vereine können klein anfangen – mit kostenlosem Wasser, einem Rauchverbot oder der Einbeziehung der Eltern in Aktivitäten – und dann zu strukturierteren, nachhaltigen Strategien übergehen.

Praktische Instrumente: Bewertungsbögen und Checklisten

Einer der praktischsten Beiträge des Berichts sind die Beobachtungs-Checkliste und die Bewertungsformulare, die Vorständen dabei helfen sollen, ihr jeweiliges Vereinsumfeld zu bewerten. Mit diesen Instrumenten können die Vereine beispielsweise folgende Bereiche überprüfen:
  • digitale Präsenz (Website und soziale Medien)
  • Einrichtungen und Umgebung
  • Umkleideräume und Toiletten
  • Cafeterias und Verpflegung.
Jede Checkliste enthält konkrete Fragen (z. B. „Gibt es in der Cafeteria gesundes Essen?“ oder „Ist der Verein für Menschen mit Behinderungen zugänglich?“). Die Vereine können ihre Leistung bewerten, Defizite erkennen und Prioritäten für Verbesserungen setzen. Wichtig ist, dass die Formulare auch Empfehlungen für Vereinsvorstände enthalten, die die Bewertung in Maßnahmen umsetzen.

Für Entscheidungsträger (Kommunalbehörden, Verbände oder Gesundheitsämter) bieten diese Formulare eine Möglichkeit, Fortschritte mitzuverfolgen, Rechenschaft abzulegen und Finanzierungsanträge zu unterstützen. Durch die Verwendung einer standardisierten Bewertung wird es einfacher, Vereine miteinander zu vergleichen, bewährte Verfahren auszutauschen und erfolgreiche Initiativen auf gesamte Gemeinschaften zu übertragen.

Ein Instrument für gesündere Gemeinschaften

Im Leitfaden von WHO/Europa wird hervorgehoben, dass Gesundheitsförderung keine „zusätzliche Aufgabe“, sondern eine strategische Investition ist. Für politische Entscheidungsträger bedeutet die Unterstützung von gesundheitsfördernden Sportvereinen, dass sie die Ziele der öffentlichen Gesundheit vorantreiben und gleichzeitig den sozialen Zusammenhalt und die Integration stärken.

WHO/Europa bemüht sich zusammen mit der Generaldirektion Bildung, Jugend, Sport und Kultur der Europäischen Kommission um Unterstützung der Mitgliedstaaten der EU bei der Umsetzung der Konzepte von HEPA und um Verfolgung der Fortschritte mit Hilfe des HEPA-Überwachungsrahmens. 

„Der neue Leitfaden von WHO/Europa gibt den Ländern die Instrumente an die Hand, mit denen sie diese Vision in die Tat umsetzen können“, fügt Dr. Stephen Whiting, Fachreferent bei WHO/Europa, hinzu. „In der Europäischen Union und darüber hinaus kann dieses Instrument Sportvereine dabei unterstützen, zu einer treibenden Kraft für eine gesündere und widerstandsfähigere Gesellschaft zu werden.“