Slowenien hat im Kampf gegen Gebärmutterhalskrebs enorme Fortschritte erzielt und ist in dieser Hinsicht mittlerweile eines der erfolgreichsten Länder in der Europäischen Region der WHO. Von einer der schlechtesten Statistiken Europas im Hinblick auf die Inzidenz von Gebärmutterhalskrebs hat Slowenien es geschafft, eine Trendwende zu erzielen, und zwar dank politischem Willen, Kooperation und einem robusten Vorsorgeuntersuchungsprogramm.
Eine gemeinsame Vision für den Wandel
Slowenien richtete sein landesweites Krebsregister in den 1960er Jahren ein und ermöglichte den slowenischen Gesundheitsbehörden damit die Verfolgung der Krebsinzidenz. Ein deutlicher Anstieg der Krebsraten im Hinblick auf Gebärmutterhalskrebs in den 1990er Jahren versetzte die Experten in Alarmbereitschaft und führte zur Einrichtung von ZORA, dem slowenischen Vorsorgeuntersuchungsprogramm für Gebärmutterhalskrebs.
„Unsere Statistiken zählten seinerzeit zu den schlechtesten in Europa – unsere Inzidenzraten im Hinblick auf Gebärmutterhalskrebs waren sehr hoch“, erläutert Dr Urska Ivanuš, Leiterin von ZORA. „Mit ZORA, das vom Institut für Onkologie in Ljubljana geleitet wird, haben wir ein bevölkerungsbezogenes, zentralisiertes und umfassendes Programm aufgebaut, das rasch sehr konkrete, greifbare Resultate erzielte: die Inzidenzraten bei Gebärmutterhalskrebs haben sich seit seiner Einführung nahezu halbiert.“
Dr. Ivanuš beschreibt einen der Schlüsselfaktoren für diesen bemerkenswerten Erfolg: Einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren ist eine gemeinsame Vision aller Interessengruppen, wobei das Kernteam mit gutem Beispiel vorangehen sollte. Der Glaube an Evidenz, der Glaube an die Sache, harte Arbeit, Enthusiasmus, Zuhören und Verständnis für alle Interessengruppen, Erfolgskontrolle und Anpassung – all dies sind entscheidende Faktoren für einen erfolgreichen Wandel.“
Regelmäßige statt opportunistische Vorsorgeuntersuchungen
Im Rahmen von ZORA wurde die Praxis opportunistischer Vorsorgeuntersuchungen – das Angebot von Ad-hoc-Untersuchungen für Frauen, die aus anderen Gründen Gesundheitszentren aufsuchen – aufgegeben. Opportunistische Vorsorgeuntersuchungen haben im Hinblick auf die Inzidenzraten von Gebärmutterhalskrebs nur begrenzte Wirksamkeit gezeigt. Stattdessen werden im Rahmen von ZORA Frauen alle drei Jahre einer Vorsorgeuntersuchung unterzogen.
„Es gab Bedenken, dass Krebsfälle möglicherweise übersehen werden könnten, doch das Gegenteil war der Fall“, erläutert Dr. Ivanuš. Mit der geänderten Häufigkeit von Vorsorgeuntersuchungen fiel die Rate der Frauen mit positiven Resultaten, die einen Rückruf erforderlich machen, von 15% auf 5%.
„Kurz gesagt: Wir waren in der Lage, mehr Frauen zu untersuchen, die Ergebnisse effizienter zu überwachen, den Anbietern der Untersuchungen wie auch den Frauen selbst besser Bericht zu erstatten und insgesamt bessere Resultate zu erzielen“, erklärt Dr. Ivanuš. „Unser ZORA-Team hatte einen Traum. Mittlerweile ist aus dem Traum ein konkreter Plan geworden: ein Plan zur Eliminierung von Gebärmutterhalskrebs!“
Niemals auf die ersten Anzeichen warten
Das ZORA-Programm wurde von den slowenischen Frauen gut angenommen; mittlerweile unterziehen sich mehr als 70% regelmäßiger Vorsorgeuntersuchungen.
„Frauen sollten Vorsorgeuntersuchungen als Teil einer gesunden Lebensweise begreifen. Ebenso wie sie auf tägliche Bewegung und eine gesunde Ernährung achten, sollten sie auch sicherstellen, dass sie zur regelmäßigen Vorsorgeuntersuchung gehen. Dies ist eine wichtige Botschaft, die wir an alle Frauen weitergeben sollten. Warten Sie nicht auf die ersten Anzeichen, denn diese werden erst spät auftreten“, betont Dr. Ivanuš.
„Gebärmutterhalskrebs ist eine der seltenen Krebsformen, bei der wir tatsächlich sogenannte Krebsvorstufen erkennen können. Es kann sich dabei um eine geringfügige, rein oberflächliche Veränderung am Gebärmutterhals (der Zervix) handeln, und wenn wir diese entdecken und behandeln, können wir die Entstehung von Krebs verhindern“, sagt Dr. Ivanuš. „Gebärmutterhalskrebs ist zudem die einzige Krebsart, bei der uns zwei wichtige, sichere und wirksame Interventionen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit zur Verfügung stehen: Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen.“
Die 90-70-90-Strategie
„Es gibt mittlerweile eine globale Dynamik und uns stehen die erforderlichen Werkzeuge für den Erfolg zur Verfügung. Doch um Gebärmutterhalskrebs zu eliminieren, müssen wir drei entscheidende Zielvorgaben erreichen“, erläutert die Repräsentantin der WHO in Slowenien, Dr. Aiga Rurane:
- 90% der Mädchen sind bis zum Alter von 15 Jahren vollständig gegen das Humane Papillomavirus (HPV) geimpft;
- 70% der Frauen werden bis zum Alter von 35 Jahren und ein zweites Mal bis zum Alter von 45 Jahren einer Vorsorgeuntersuchung unterzogen; und
- 90% der Frauen, bei denen Gebärmutterhalskrebs diagnostiziert wurde, werden behandelt.
„Für eine größtmögliche Wirkung müssen diese Zielvorgaben der 90-70-90-Strategie gleichzeitig umgesetzt werden“, fügt Dr. Rurane hinzu.
Mit seinen bemerkenswerten Ergebnissen bei zwei der drei Zielvorgaben – 70% der Frauen werden einer Vorsorgeuntersuchung unterzogen und 90% der Frauen, bei denen Gebärmutterhalskrebs diagnostiziert wurde, werden behandelt – könnte Slowenien bald eines der ersten europäischen Länder sein, das alle drei Zielvorgaben verwirklicht.
„Den Richtwert für die Impfung von 90% aller Mädchen haben wir noch nicht erreicht. Seit 2009 werden in Slowenien Mädchen der Klassenstufe 6 kostenlos gegen HPV geimpft. Doch die Routineimpfung wird nur von 60% dieser Mädchen in Anspruch genommen. Das ist nicht genug, um die erwünschte bevölkerungsweite Wirkung der Impfung zu erzielen“, erläutert Dr. Ivanuš.
„Wir müssen die Durchimpfungsrate erhöhen, für die HPV-Vorsorgeuntersuchungen im Rahmen der primären Gesundheitsversorgung genauere Tests verwenden, die längere Intervalle zwischen den Untersuchungen ermöglichen, und das Kontrollsystem verbessern“, fügt sie hinzu.
„Unser bisheriger Erfolg ist den jahrelangen kontinuierlichen Bemühungen und dem großen Engagement vieler Gesundheitsfachkräfte in Slowenien, zahlreichen Partnerschaften und dem anhalten Einsatz der Regierung zu verdanken“, erklärt Dr. Rurane. „Slowenien kann stolz auf das Erreichte sein, und es kann anderen Ländern in der gesamten Europäischen Region wie auch weltweit als Vorbild dienen.“