WHO/Europa hat einen neuen Leitfaden veröffentlicht, der die Länder bei der Anwendung verhaltensbezogener und kultureller Erkenntnisse (BCI) zur Förderung der Gesundheit unterstützen soll. Er enthält einen einfachen Schritt-für-Schritt-Ansatz, der durch eine umfassende Sammlung detaillierter Überlegungen, Werkzeuge und Übungen ergänzt wird. Der Leitfaden ist der erste seiner Art und wurde speziell für die Nutzung durch im öffentlichen Gesundheitswesen tätige Fachkräfte entwickelt, die Handlungskonzepte, Angebote und entsprechende Kommunikation in unterschiedlichen Gesundheitsbereichen ausarbeiten, für die themenübergreifende verhaltensbezogene und kulturelle Erkenntnisse herangezogen werden.
Einige der hartnäckigsten Herausforderungen im Bereich der öffentlichen Gesundheit sind durch menschliches Verhalten bedingt. Sich verhaltensbezogene und kulturelle Erkenntnisse zunutze zu machen, bedeutet, dass gesundheitsbezogene Handlungskonzepte, Angebote und entsprechende Kommunikation auf die Bedürfnisse und Umstände der Menschen und Gemeinschaften zugeschnitten werden können und dadurch dazu beitragen können, diese Herausforderungen zu bekämpfen. Der neue Leitfaden für die zielgenaue Ausrichtung von Gesundheitsprogrammen (Tailoring Health Programmes – THP) beschreibt, wie sich dies bewerkstelligen lässt.
Aufbauend auf mehreren themenspezifischen Leitfäden, bei denen die Anwendung von BCI bei Routine- und Grippeimpfungen sowie bei der Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen im Mittelpunkt stand, sowie auf externen Evaluationen und einem rigorosen Peer-Review-Verfahren ist dieser Leitfaden das Ergebnis der im Laufe von über einem Jahrzehnt geleisteten Arbeit von WHO/Europa. Der THP-Ansatz wurde bereits in über 20 Ländern angewandt und hat vonseiten der Gesundheitsbehörden positives Feedback erhalten.
„Dieser Leitfaden ist die Krönung der im Laufe eines Jahrzehnts geleisteten Arbeit, an der zahlreiche Kollegen auf Ebene der Länder, der Region und der Welt beteiligt waren. Dieser Leitfaden ist unsere „BCI-Bibel“, die unsere Arbeit mit und in den Ländern anleitet, um diese bei der Bekämpfung hartnäckiger gesundheitlicher Herausforderungen zu unterstützen“, erklärt Katrine Bach Habersaat, Regionalbeauftragte für BCI bei WHO/Europa.
Karina Godoy, leitende Analystin und nationale Ansprechperson für verhaltensbezogene Erkenntnisse bei der schwedischen Gesundheitsbehörde, die den im Leitfaden beschriebenen Ansatz in verschiedenen Gesundheitsprojekten anwendet, merkt an: „Der THP-Leitfaden ist benutzerfreundlich und enthält gleichzeitig bei Bedarf detaillierte Anleitungen und Inspiration. Wir haben beschlossen, das Dokument ins Schwedische übersetzen zu lassen und den Ansatz weitläufig anzuwenden.“
Benutzerfreundlich und dennoch detailliert
Durch die Nutzung von BCI können Anwender auf Erkenntnisse und Methoden aus der Verhaltensforschung und Sozialwissenschaft sowie den gesundheitsbezogenen Geisteswissenschaften zurückgreifen und damit zur Bekämpfung gesundheitlicher Herausforderungen beitragen, die durch menschliches Verhalten bedingt sind. Der neue THP-Leitfaden führt die Nutzer durch vier einfache Phasen und enthält in jeder Phase Schritte, um individuelle, strukturelle und soziokulturelle Barrieren für gesundheitsbezogene Verhaltensweisen zu untersuchen, maßgebliche Akteure einzubeziehen und evidenzgeleitete gesundheitsbezogene Handlungskonzepte, Angebote und entsprechende Kommunikation zu entwickeln und zu evaluieren.
Der neue THP-Leitfaden bietet bei jedem Schritt des Verfahrens detaillierte Inspiration. Etwa, wie man ein Budget oder einen Projektplan entwirft, was in eine Situationsanalyse oder ein Forschungsprotokoll gehört sowie Überlegungen zu den Themen Nachhaltigkeit, Ethik und Chancengleichheit.
Darüber hinaus enthält der Leitfaden eine Reihe von Übungen, die von einer Arbeitsgruppe oder im Rahmen eines Workshops für maßgebliche Akteure genutzt werden können. Sie sollen dabei helfen, Prioritäten festzulegen, von einem Schritt zum nächsten zu gehen und Forschungsergebnisse in eine evidenzgeleitete Intervention umzusetzen.
Der THP-Ansatz kann von Teams und Experten genutzt werden, die im Bereich der öffentlichen Gesundheit tätig sind und BCI im Hinblick auf das Gesundheitsverhalten einer bestimmten Bevölkerungsgruppe nutzen möchten. Der Prozess kann von einer Kerngruppe geleitet werden. Doch die Einbeziehung maßgeblicher Akteure ist in allen Phasen des Ansatzes ein zentrales Element.
Schulung und Kapazitätsaufbau
Um den Mitgliedstaaten bei der Nutzung des THP-Ansatzes zu helfen, bietet das für BCI zuständige Referat bei WHO/Europa eine Vielzahl von Schulungsmöglichkeiten für Gesundheitsbehörden in der Europäischen Region an, darunter sowohl Online-Module als subregionale und nationale Präsenzschulungen.
WHO-Tagung über verhaltensbezogene und kulturelle Erkenntnisse in der Europäischen Region im September
BCI sind ein Flaggschiff-Bereich für WHO/Europa, der darauf abzielt, das Verständnis über die kontextuellen und individuellen Faktoren, die unser Gesundheitsverhalten beeinflussen, zu verbessern. Vom 12. bis 14. September 2023 richtet WHO/Europa in der UN City in Kopenhagen die erste Tagung über BCI zur Förderung der Gesundheit in der Europäischen Region aus. Ziel der Tagung ist es, die Umsetzung der richtungsweisenden Resolution von WHO/Europa über BCI, die im September 2022 von allen 53 Mitgliedstaaten angenommen wurde, voranzutreiben. Darüber hinaus wird sie in Gesundheitsministerien und Gesundheitsinstituten im Bereich BCI tätigen maßgeblichen Akteuren aus der ganzen Europäischen Region Gelegenheit bieten, sich über Fallbeispiele auszutauschen, Barrieren und Triebkräfte für eine Reihe gesundheitlicher Herausforderungen zu erörtern und Fortschritte bei der Integration von BCI zur Förderung der Gesundheit in die Gesundheitssysteme zu untersuchen.
Weitere Ressourcen zum Thema BCI können online auf der Website des BCI-Hub (siehe nachstehender Link) abgerufen werden.

