Zwei Jahre COVID-19: Was zur Bekämpfung einer Notlage in 53 Ländern erforderlich ist

21 January 2022
News release
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„Zwei Jahre lang stand die Arbeit von WHO/Europa zum Schutz der öffentlichen Gesundheit ganz im Zeichen des Kampfes gegen COVID-19. Bei der Zusammenarbeit mit dem gesamten Regionalbüro war das Ereignismanagement-Unterstützungsteam unser Motor, der mit evidenzbasierten, praxisorientierten Unterstützungsmaßnahmen für die Länder und maßgeblichen Partnerorganisationen die Notfallmaßnahmen vor Ort vorangetrieben hat“, erklärte Dr. Dorit Nitzan, Direktorin für gesundheitliche Notlagen bei WHO/Europa.

Am 24. Januar 2021 wurde die Entdeckung der ersten Fälle von COVID-19 in der Europäischen Region der WHO bestätigt. Einen Tag zuvor hatte WHO/Europa sein Ereignismanagement-Unterstützungsteam für COVID-19 (IMST) eingesetzt – ein aus verschiedenen Fachbereichen zusammengesetztes multidisziplinäres Team, das auf die Bedrohung durch die neue Coronavirus-Krankheit reagieren sollte.  

Dr. Nitzan erläuterte die Arbeitsweise des IMST: „Das Programm der WHO für gesundheitliche Notlagen erhielt Unterstützung von Experten aus anderen Teilen des Büros sowie von Partnerorganisationen, um alle erforderlichen Fähigkeiten an einem Ort zusammenzuführen. Mit der Entwicklung der Lage veränderten sich auch Größe und Zusammensetzung des Teams.“

„Als die Auswirkungen des neuen Virus auf die Gesundheitssysteme deutlich wurden, beteiligten sich interne Experten an dieser Arbeit. Als die ersten Impfstoffe entwickelt wurden, steuerten Impfstoffexperten das nötige Fachwissen bei. So konnten wir den Ländern und ihren Bürgern jeweils die besten Empfehlungen und eine optimale Unterstützung zur rechten Zeit geben.“

In den Wochen nach Bestätigung der ersten Fälle von COVID-19 wurden Experten von WHO/Europa nach Kirgisistan entsandt, um dort die operative Planung sowie die Notfallvorsorge und -bereitschaft von Laboren und Krankenhäusern zu unterstützen. Darauf folgte eine hochrangige Mission nach Italien, das erste schwer getroffene Land in der Europäischen Region. 

In Zahlen


Die Zahlen zeugen von den ungeheuren Anstrengungen von WHO/Europa in den vergangenen zwei Jahren, die auf der Übersichtsseite der Europäischen Region zur aktuellen COVID-19-Situation visuell dargestellt wurden, die bis Ende 2021 über 12 Mio. Mal aufgerufen wurde. Dabei organisierte das Regionalbüro insgesamt 358 Missionen in 25 Mitgliedstaaten, darunter 40 Entsendungen von Partnerorganisationen über das Globale Netzwerk für Warnsysteme und Gegenmaßnahmen (GOARN) sowie den Einsatz von medizinischen Notfallteams.

Ferner wurden kritische Hilfsgüter im Wert von 90 Mio. US-$ an die vorderste Front im Kampf gegen COVID-19 geliefert, über 42 000 Gesundheitsfachkräfte geschult und 63 Leitfäden veröffentlicht; darüber hinaus erhielten 800 Labore eine externe Qualitätsbewertung, und über 2,3 Mio. Menschen wurden durch von WHO/Europa eingeschaltete zivilgesellschaftliche Organisationen unterstützt.

Es herrschte eine offene und regelmäßige Kommunikation auf allen Kanälen, um die neuesten evidenzbasierten Informationen und gesundheitlichen Empfehlungen bereitzustellen und dem beispiellosen Ausmaß an Falschinformationen und Desinformationskampagnen entgegenzuwirken.  Es wurden 35 000 Artikel in Medien zum Thema COVID-19 und WHO/Europa und über 1,5 Mio. Aufrufe von Webseiten von WHO/Europa zum Thema COVID-19, über 3 Mio. Interaktionen zu Inhalten über COVID-19 auf den Accounts von WHO/Europa in den sozialen Medien sowie 4 Mio. Interaktionen mit dem Chatbot HealthBuddy+ registriert. 

Säulen der Stabilität, größere Beweglichkeit 


Die sich ständig verändernde Situation machte ein stabiles, aber auch agiles Team erforderlich, das schnell reagieren kann. Das IMST erreichte dies, indem es sich um die zentralen Säulen der Bekämpfungsmaßnahmen organisierte: Surveillance und Laborwesen, gesundheitliche und soziale Maßnahmen, klinische Gesundheitsinterventionen, gesundheitliche Grundversorgung, Impfungen, Risikokommunikation und Bürgerbeteiligung sowie operative Unterstützung.

Diese Säulenstruktur bewirkte, dass Personen aus unterschiedlichen Fachgebieten aus allen Teilen der Organisation und darüber hinaus zusammengeführt wurden, um Informationen und Empfehlungen über vorbildliche Praktiken zu teilen und so eine umfassende Antwort zu ermöglichen.

Die Länder im Mittelpunkt der Bekämpfungsmaßnahmen 


Um diese enorme Herausforderung zu bewältigen, mussten die Länderbüros der WHO – deren Auftrag darin besteht, das jeweilige Land vor Ort direkt zu unterstützen – auch ihre Ressourcen anders einsetzen und ihre generelle Ausrichtung ändern. Das Fachwissen ihrer Repräsentanten, das sich auf der Vertrautheit mit den Kulturen, politischen Systemen und den Kapazitäten der jeweiligen Länder im Bereich der öffentlichen Gesundheit gründet, machte sie zu wichtigen Mitgliedern des IMST. 

Wie Dr. Catherine Smallwood, Leiterin des Teams bei WHO/Europa, erklärt, war diese Erkenntnis während größerer Ausbrüche entscheidend: „Eine gesundheitliche Notlage von diesem Ausmaß haben wir in Europa seit der Pandemie der Spanischen Grippe ab 1918 und dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr erlebt. Es kommt extrem selten vor, dass wir es mit einem Ereignis zu tun bekommen, das jedes einzelne Land auf der Welt auf unterschiedliche Weise und zu unterschiedlichen Zeiten erfasst.“

Darüber hinaus erwies sich das nur 18 Monate vor der Pandemie geschaffene „Geschäftsmodell für die Länder“ als entscheidende Innovation im Hinblick auf eine maßgeschneiderte Unterstützung. Die für die Länder des Balkans, der Kaukasusregion und Zentralasiens entwickelte „Naben- und Speichenstruktur“ – die einem Fahrradreifen gleicht – dient dem Regionalbüro als verlängerter Arm in vorrangigen Ländern bei der Notfallvorsorge und -bewältigung. 

Lebensrettende Impfungen


Die Entwicklung und Verabreichung der ersten Impfstoffe gegen COVID-19, die im Dezember 2020 zur Anwendung zugelassen wurden, erwies sich als entscheidende Wendung im weltweiten Kampf gegen das Virus – nur ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie. Allein in der Europäischen Region verdanken eine halbe Million Menschen ihr Leben den Impfstoffen gegen COVID-19.

Das IMST trug auch wesentlich zur Verbesserung des Verständnisses und der Inanspruchnahme von Impfungen bei und unterstützte die Arbeit der COVAX-Fazilität – einer Kooperation unter der Führung der Coalition for Epidemic Preparedness Innovations (CEPI), der Gavi-Allianz, des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) und der WHO – mit dem Ziel, einen gerechten und chancengleichen Zugang zu Impfstoffen für Bürger aller Länder der Europäischen Region wie auch weltweit zu gewährleisten. 

Im vergangenen Jahr wurden von den Ländern der Europäischen Region insgesamt 1,3 Mrd. Dosen COVID-19-Impfstoff verabreicht, von denen viele von der COVAX-Fazilität stammten. Dennoch sind immer noch zu viele Menschen in der Europäischen Region, darunter viele Angehörige marginalisierter Gruppen mit besonderer Anfälligkeit, ungeimpft und damit ungeschützt. 

Zeit zum Nachdenken und Lernen


Zwei Jahre COVID-19 in der Europäischen Region sind ein unerfreulicher Meilenstein, der von tragischen Todesfällen, von Leiden, sozialer Spaltung, finanziellen Kosten und Ungewissheit zeugt. 

Doch sie sind auch eine Gelegenheit zum Nachdenken und zur Vergegenwärtigung der Lehren aus dieser Zeit, die die Grundlage für eine bessere Zukunft bilden werden. Nun, da die Welt am Anfang des dritten Jahres im Kampf gegen COVID-19 steht, setzt das IMST seine Arbeit fort und strebt bei der Vorausplanung für die Zeit nach der Pandemie zusammen mit den Ländern einen Wiederaufbau zum Besseren durch inklusivere und widerstandsfähigere Gesundheitssysteme an.