In den vergangenen drei Jahren hat die COVID-19-Pandemie die psychische Gesundheit stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt, angesichts Millionen von Menschen, die an schweren depressiven Störungen und Angststörungen leiden. Nun, da die Pandemie in der Europäischen Region der WHO unter Kontrolle gebracht scheint, fordert WHO/Europa die Regierungen nachdrücklich dazu auf, das Thema psychische Gesundheit beim Wiederaufbau ganz oben auf die gesundheitsbezogene und politische Tagesordnung zu setzen.
Im Rahmen einer gemeinsam von WHO/Europa und der Dänischen Gesundheitsbehörde am 19. September in Kopenhagen ausgerichteten Tagung kamen Berater und Experten aus den nordischen und baltischen Staaten zusammen, um sich über Ideen und Erfahrungen auszutauschen, wie sich Angebote der psychischen Gesundheitsversorgung für die fast 35 Millionen Menschen, die in diesen Subregionen leben, aufrechterhalten und verbessern lassen. Dies war die erste Tagung dieser Art unter Beteiligung von Vertretern dieser Ländergruppen.
„COVID-19 hatte tiefgreifende Auswirkungen auf unser kollektives Wohlbefinden und hat nicht nur zu einer Erhöhung der psychischen Belastung und der Steigerung des Arzneimittelgebrauchs geführt, sondern zudem zu zusätzlichen 53 Millionen Fällen schwerer depressiver Störungen weltweit und zusätzlichen 76 Millionen Fällen von Angststörungen“, erklärte Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa, bei der Eröffnung der Tagung.
„Diese und andere Folgen der Pandemie haben die psychischen Gesundheitssysteme an ihre Grenzen gebracht und gleichzeitig aufgezeigt, wie unterversorgt, unterfinanziert und unterbesetzt diese auch vor der Pandemie bereits waren.“
Schon vor der Pandemie hatte WHO/Europa die psychische Gesundheit in den Mittelpunkt seiner Zielsetzungen gerückt, indem es das Thema zu einer der vier Flaggschiff-Bereiche seines Europäischen Arbeitsprogramms „Gemeinsam für mehr Gesundheit“ (EPW) gemacht hat.
Während einer Rede auf der Tagung würdigte Dr. Søren Brostrøm, Generaldirektor der Dänischen Gesundheitsbehörde, diese Vision und dieses Engagement und hob die Bedeutung der Flaggschiff-Initiative des EPW und des von den Mitgliedstaaten in der Europäischen Region 2021 angenommenen Handlungsrahmens zur Förderung der psychischen Gesundheit in der Europäischen Region der WHO hervor.
„Ich denke, wir machen im Hinblick auf diese Zielsetzungen in unserer Region in jedem Fall Fortschritte, auch indem wir subregionale Tagungen wie die heutige abhalten“, erklärte Dr. Brostrøm. „[Psychische Gesundheit] hat für uns in Dänemark schon seit vielen Jahren einen sehr hohen Stellenwert. Wir haben viele Erfolge erzielt, aber auch mit vielen Herausforderungen bei unserer öffentlichen Gesundheit zu kämpfen, und mit Abstand die größte Herausforderung stellt dabei die psychische Gesundheit dar.“
Austausch über vorbildliche Praktiken im Bereich der psychischen Gesundheit
Während der eintägigen Tagung erhielten die Teilnehmer Gelegenheit, die in ihren jeweiligen Ländern geleistete Arbeit zur Stärkung der psychischen Gesundheitsversorgung vorzustellen.
Dänemark etwa gab einen Überblick über seinen auf zehn Jahre ausgelegten Aktionsplan zur Förderung der psychischen Gesundheit, der im Januar 2022 vorgestellt worden war. Sofern er vom dänischen Parlament gebilligt wird, wäre dieser Plan einer der ehrgeizigsten seiner Art und würde zur Förderung der psychischen Gesundheitsversorgung im gesamten Spektrum der psychischen Gesundheit beitragen – von der Versorgung in Krankenhäusern und im Rahmen der primären Gesundheitsversorgung bis hin zu integrierten Angeboten für die psychische Gesundheit in Schulen und beruflichen Umfeldern.
Andere erörterten die Bedeutung der Nutzung digitaler Tools bei der Bereitstellung von Angeboten der psychischen Gesundheitsversorgung, etwa durch Online-Angebote für Behandlung und Prävention und zur Förderung der psychischen Gesundheit.
Die Kooperation zwischen den nordischen und baltischen Staaten ist ein wichtiges Beispiel für andere in der Europäischen Region der WHO, die beabsichtigen, ihre psychischen Gesundheitssysteme grundlegend umzugestalten und für Menschen mit psychischen Gesundheitsproblemen eine bessere Versorgung anzubieten.
Dies entspricht auch dem Geiste des Europäischen Bündnisses für psychische Gesundheit, das vor knapp einem Jahr von WHO/Europa ins Leben gerufen wurde und dem Ziel dient, Regierungen und Organisationen zu einem Ideenaustausch darüber zusammenzubringen, wie sich die Zielsetzungen im Bereich der psychischen Gesundheit in den Gesellschaften Europas und Zentralasiens voranbringen lassen.
Das Bündnis hielt im Mai 2022 seine erste Tagung ab, in deren Rahmen Experten zentrale Arbeitsbereiche erörterten, von der grundlegenden Umgestaltung der psychischen Gesundheitsversorgung bis hin zur Stärkung der Führungskompetenz. Eine zweite Tagung des Bündnisses ist für November 2022 in Ankara (Türkei) vorgesehen, um diese Zielsetzungen voranzubringen.

