Der erste gemeinsam vom Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) und von WHO/Europa am 26. Januar 2022 veröffentlichte Bericht über die Surveillance von antimikrobiellen Resistenzen in Europa bietet einen Überblick über antimikrobielle Resistenzen (AMR) in der gesamten Europäischen Region und stützt sich dabei auf Daten aus dem Jahr 2020.
Der Bericht bietet sowohl einen regionsweiten Überblick als auch einen Überblick für die Europäische Union bzw. den Europäischen Wirtschaftsraum (EU/EWR) und enthält nach einem Ampelsystem erstellte Karten zu vorrangigen Kombinationen von Antibiotika und Bakterienarten mit Relevanz für die öffentliche Gesundheit sowie 42 Länder- und Gebietsprofile. Damit markiert er einen wichtigen Schritt zur weiteren Harmonisierung der Berichterstattung über antimikrobielle Resistenzen in der Europäischen Region.
Mit über 670 000 medikamentenresistenten bakteriellen Infektionen allein in der EU bzw. dem EWR und rund 33 000 Menschen, die unmittelbar an derartigen Infektionen sterben, ist die von antimikrobiellen Resistenzen ausgehende Krankheitslast vergleichbar mit der von Influenza, Tuberkulose und HIV zusammengenommen.
Die in dem Bericht vorgelegten Ergebnisse verdeutlichen, dass antimikrobielle Resistenzen in der Europäischen Region der WHO weit verbreitet sind. Auch wenn die Beurteilung des genauen Ausmaßes antimikrobieller Resistenzen in vielen Umfeldern schwierig bleibt, zeichnen sich in allen klinischen Umfeldern, die von Netzwerken für die Surveillance von antimikrobiellen Resistenzen abgedeckt werden, bestimmte Resistenzmuster ab.
Besonderen Anlass zur Sorge bereiten der große Anteil an in Klebsiella pneumoniae nachgewiesenen Resistenzen gegenüber Cephalosporinen und Carbapenemen der dritten Generation und der große Anteil an Acinetobacter mit Resistenzen gegenüber Carbapenemen in einer Reihe von Ländern. Diese deuten auf die Verbreitung resistenter Klone in Gesundheitseinrichtungen hin und zeigen, dass in vielen Ländern und Gebieten schwerwiegende Einschränkungen bei Behandlungsmöglichkeiten für Patienten mit durch diese Erreger ausgelösten Infektionen bestehen.
Da antimikrobiell resistente Bakterien nicht innerhalb von Grenzen eingedämmt werden können, unterstreichen diese Ergebnisse die Notwendigkeit abgestimmter Maßnahmen zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen in allen Teilen der Region.
Die Resistenz gegenüber Reserveantibiotika wie Vancomycin und Antibiotika der Carbapeneme stellt ein großes Problem dar. Wenn diese Antibiotika nicht länger wirksam sind, bestehen nur sehr begrenzte Behandlungsmöglichkeiten, die möglicherweise nicht in allen Situationen anwendbar sind, was fatale Folgen haben kann. Darüber hinaus beeinträchtigt die Resistenz gegenüber Reserveantibiotika die Wirksamkeit lebensrettender medizinischer Interventionen wie die Krebsbehandlung und Organtransplantation.
Es bedarf dringend konsequenter Investitionen in Interventionen zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen. Diese würden sich zugleich auch in erheblichem Maße positiv auf die Gesundheit der Bevölkerung sowie auf künftige Gesundheitsausgaben in der Europäischen Region auswirken.