Seit der Registrierung der ersten Fälle von COVID-19 in der Europäischen Region der WHO sind zwei Jahre vergangen – zwei Jahre, die unsere Widerstandsfähigkeit auf eine harte Probe gestellt haben. Fünf Menschen aus der Europäischen Region reflektieren im Blick zurück und nach vorn darüber, wie COVID-19 ihr Leben verändert hat.
Die ersten Fälle in der Europäischen Region
Am 24. Januar 2020 meldete Bordeaux als erste Stadt in der Europäischen Region einen Fall von COVID-19. Die Immobilienunternehmerin Victoria Smyth zog 2007 mit ihrer fünfköpfigen Familie vom Vereinigten Königreich nach Bordeaux, weil ihr dort die Landschaft und die entspannte Lebensweise gefielen.
„Wir hatten im Fernsehen von dem Virus gehört“, erzählt Victoria, „aber wir leben in Frankreich inmitten von Weinbergen, quasi in einer Luftblase, und dachten, das betrifft uns nicht. Doch dann begann es unser Leben zu beeinträchtigen.“
Bald konnten sie sich wegen der Maßnahmen gegen COVID-19 nur noch einen Kilometer vom Haus entfernen und nur eine Stunde pro Tag an der frischen Luft verbringen.
„Glücklicherweise konnten wir unsere Arbeit fortsetzen, aber viele der Häuser, um die wir uns kümmern, stehen seit zwei Jahren leer. Das hat schlimme Auswirkungen auf die lokale Wirtschaft. Wir werden COVID-19 nie loswerden – also müssen wir lernen, mit dem Virus zu leben und vorsichtiger zu sein.“
Damals forderte die WHO die Länder in der Europäischen Region dazu auf, sich auf einen rapiden Anstieg der Fallzahlen einzustellen, und unterstützte sie dabei, ihre Bürger zu Selbstschutzmaßnahmen aufzufordern.
Anerkennung für unser Gesundheitspersonal
Im Kampf gegen COVID-19 stand das Laborpersonal von Anfang an an vorderster Front; ihre unermüdliche Arbeit trug entscheidend dazu bei, Fälle von COVID-19 zügig zu entdecken. Für die Mitarbeiter des Laborzentrums Kiew beim ukrainischen Gesundheitsministerium war der Beginn der Pandemie eine steile Lernkurve, doch die Stellvertretende Generaldirektorin Natalya Rodina ist stolz darauf, wie es ihnen gelang, sich so schnell an diese Notlage anzupassen.
„Der Anfang war schwer. Die wenigsten von uns waren damals in der PCR-Diagnostik geschult. Heute läuft alles reibungslos, und das ganze Fachpersonal arbeitet viel professioneller. Kaum jemand, der heute in Gesundheitseinrichtungen arbeitet, kann sagen, dass er in letzter Zeit richtig Urlaub machen konnte. Ich möchte ihnen mehr Geduld und mehr Optimismus wünschen, und dass sie keine Angst haben und sich daran erinnern, dass es nicht mehr weit bis zu einem Urlaub ist.“
Die Omikron-Variante hat die Zahl der Menschen, die im Krankenhaus versorgt werden müssen, erhöht, und das Krankenhauspersonal steht immer noch erheblich unter Druck. Impfungen und die Einhaltung von persönlichen Schutzmaßnahmen wie Tragen einer gut sitzenden Maske im Bedarfsfall, Beachtung eines Sicherheitsabstands von mindestens einem Meter, Meiden von geschlossenen, beengten oder überfüllten Räumlichkeiten sowie Einhaltung von Handhygiene können die Zahl der Krankenhauseinweisungen verringern und so das Gesundheitswesen vor Überlastung bewahren.
Die WHO hat 2021 zum Internationalen Jahr der Gesundheits- und Pflegefachkräfte ausgerufen, um ihren unermüdlichen Einsatz zu würdigen. WHO/Europa hat den Gesundheits- und Pflegefachkräften in der Europäischen Region mehr Gehör verschafft und die Länder dazu aufgerufen, mehr in ihr Wohlergehen zu investieren.
Die anhaltenden Gesundheitsfolgen von COVID-19
In den letzten beiden Jahren hat WHO/Europa gegenüber den Gesundheitsbehörden die Notwendigkeit hervorgehoben, Long COVID als eine ernste und nur unzureichend erforschte Folge von COVID-19 zu behandeln. Akmaljon Niyazov, der in Taschkent (Usbekistan) als Reiseführer arbeitet, und seine Frau Oksana, eine Projektmanagerin, leiden beide immer noch an nachträglichen Symptomen ihrer COVID-Erkrankung. Beide haben sich vor etwa 18 Monaten mit dem Virus infiziert. In den ersten Wochen hatten sie hohes Fieber, gefolgt von Schmerzen in der Brust, die ein Jahr anhielten.
„Sogar jetzt noch rieche ich Benzin, wenn ich Zitronen esse“, sagt Akmaljon. „Meine Frau kann ihr Lieblingsparfüm nicht mehr verwenden, weil der Geruch sie anekelt. Außerdem hat sich durch COVID auch mein Gedächtnis verschlechtert. Heute muss ich meine Reisevorträge regelrecht proben, während ich sie früher auswendig konnte.“
Akmaljon und seine Frau sind inzwischen beide doppelt geimpft. Er hofft, dass ihre Long-COVID-Symptome allmählich verschwinden. In der Zwischenzeit appelliert er dringend an die Menschen, sich impfen zu lassen, Masken zu tragen und sich an Abstandsgebote zu halten. „Sogar ein milder COVID-Verlauf kann Folgen für Sie haben. Niemand weiß, was für Nachwirkungen es für ihn geben wird.“
Auswirkungen der Isolation
Selbst bei Menschen, die nicht mit COVID-19 infiziert waren, hat die Pandemie Spuren hinterlassen. Die Jahre der Jugend sind keine leichte Zeit, aber für viele hat die Pandemie sie noch schwerer gemacht. Der 20-jährigen Dana Bakayeva aus Kasachstan wurden ihre Pläne durch COVID-19 zunichte gemacht.
„Ich habe letztes Jahr Abitur gemacht, aber wir hatten keinen Abschlussball. Und dass ich darüber traurig bin, ist eine Untertreibung. Ich träumte ungefähr seit der achten Klasse vom Abitur, von den Luftballons, von einem Spaziergang am Fluss, von den üblichen Erinnerungsfotos. Ich träumte davon, in ein neues Erwachsenenleben einzutreten, aber ich habe nichts davon bekommen.“
„Natürlich gibt es einige Dinge, die man positiv sehen kann – wir sind zum Beispiel unseren Verwandten näher gekommen –, aber insgesamt hat unsere psychische Gesundheit doch sehr gelitten. Ich saß hinter meinen vier Wänden fest und schottete mich von meinen Mitmenschen ab. Seitdem ist Apathie bei mir ein häufiger Gast.“
Anfang 2021 drehten das WHO-Länderbüro und das Gesundheitsministerium in Kasachstan zusammen mit jungen Menschen ein inspirierendes Video über die Probleme der kasachischen Jugend während der Pandemie.
Schutz von Schwangeren
Nach zwei Jahren lautet eine der zentralen Botschaften der WHO an alle, sich impfen zu lassen. Dies gilt auch für werdende Mütter. Cara Jamieson, eine schottische Stillberaterin, hat einen vierjährigen Sohn und eine erst sieben Wochen alte Tochter. Im März 2020 war es ihre größte Sorge, dass ihr Partner, ein Arzt, das Virus mit nach Hause bringen könnte.
„Meine Schwangerschaft mit unserer Tochter war ganz anders [als bei unserem Sohn], weil wir befürchteten, dass ich mich mit Corona infizieren könnte oder dass das Virus irgendwie Art oder Ort der Entbindung beeinflussen könnte.“
Cara besorgte sich aus vertrauenswürdigen medizinischen Quellen Informationen über Impfungen. Sie ließ sich während ihrer Schwangerschaft zweimal impfen und erhielt während der Stillzeit, nur Wochen nach der Geburt ihrer Tochter, die Auffrischungsimpfung.
„Ich bin den Menschen, die mir dabei geholfen haben, den aktuellen Kenntnisstand zu verstehen, ungeheuer dankbar, und ich bin überzeugt, dass die Entscheidung, mich während der Schwangerschaft impfen zu lassen, richtig war, trotz meiner anfänglichen Vorbehalte. Ich habe erkannt, dass ich und wohl auch meine Tochter dadurch in einer wichtigen Phase vor COVID geschützt wurden und dass sie wahrscheinlich auch von meiner Impfung während der Stillzeit profitiert hat.“
„Mein Rat an schwangere Frauen lautet, sich zuverlässige Informationsquellen zu suchen und über alle ihre Gedanken oder Sorgen mit der Hebamme oder dem Arzt zu sprechen, anstatt sie für sich zu behalten.“
Cara und ihr Partner ergreifen Maßnahmen zur Verringerung der Risiken, wie Maskentragen und Händewaschen, und treffen sich mit anderen Menschen nach Möglichkeit im Freien. „Meine Familie und ich versuchen, ein Gleichgewicht zu finden, das es uns ermöglicht, Dinge zu genießen, die für uns wichtig sind, und gleichzeitig die Sicherheit unserer Familie zu wahren“, sagt sie. Die WHO hat evidenzbasierte Empfehlungen für Schwangere und frischgebackene Mütter erstellt.
Die Pandemie hat unser aller Leben verändert und ist noch nicht vorüber. In der Europäischen Region sind bisher 1,7 Mio. Menschen gestorben, und nun sind wir einer neuen Variante ausgesetzt. Dennoch haben wir uns in individueller, kollektiver und wissenschaftlicher Hinsicht als anpassungsfähig und erfindungsreich erwiesen. Bisher haben Impfungen über 500 000 Menschen in der Europäischen Region das Leben gerettet, und unser Wissen in Bezug auf die Prävention und Behandlung der Krankheit wächst ständig. Nach zwei Jahren gibt das Grund zur Hoffnung.