11 kleinste Länder in der Europäischen Region verpflichten sich zu Wiederaufbau nach COVID-19, mehr Gesundheit und nachhaltigem Tourismus

27 June 2022
News release
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Die COVID-19-Pandemie hatte beispiellose Auswirkungen auf die Gesundheitssysteme und Volkswirtschaften der Länder, doch für die 11 kleinsten Länder in der Europäischen Region der WHO – von denen viele wirtschaftlich zu einem großen Teil vom Tourismus abhängig sind – waren die Folgen besonders schwerwiegend. Im Rahmen der Achten hochrangigen Tagung der Initiative kleiner Länder von WHO/Europa stimmten die Gesundheitsminister und Delegierten dieser Länder einer mutigen Zukunftsvision zu, um den Wiederaufbau nach der COVID-19-Pandemie voranzutreiben.

Bei der zweitägigen Veranstaltung, die am 2. und 3. Juni 2022 in Bečići (Montenegro) abgehalten wurde, erörterten die Minister und ihre Vertreter zwei zentrale Themen: wie kleine Länder sich erfolgreich von der Pandemie erholen und wie sie das Thema Gesundheit in den Mittelpunkt ihrer Tourismuswirtschaft rücken können. 

„Wie es uns am Ende eines Kapitels und zu Beginn eines neuen Kapitels geht und wie wir den Wiederaufbau vorantreiben, Bilanz ziehen und Vorsorge treffen, liegt in unseren Händen“, erklärte Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa, bei der Eröffnung der Tagung. „Seit ihrer Einrichtung vor acht Jahren hat sich die Initiative kleiner Länder als ein wertvolles Forum für den Austausch von Erfahrungen und Innovationen und die Findung gemeinsamer Lösungen für die einzigartigen Herausforderungen Ihrer Länder erwiesen. Nun ist es Zeit sicherzustellen, dass wir aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und erfolgreich einen Wiederaufbau zum Besseren betreiben.“

Die Initiative setzt sich aus elf Ländern zusammen: Andorra, Estland, Island, Lettland, Luxemburg, Malta, Monaco, Montenegro, San Marino, Slowenien und Zypern. Am Ende der Tagung nahmen die Delegierten der Länder einstimmig die Erklärung von Montenegro an, in der die zentralen Verpflichtungen für das künftige Vorgehen dargelegt werden. Sie hebt mehrere Ansatzpunkte für Maßnahmen hervor und enthält etwa Verpflichtungen im Hinblick auf:

  • eine starke Politiksteuerung im Gesundheitsbereich, da Politiksteuerung dazu beiträgt, zeitnah Vorsorge- und Gegenmaßnahmen für Notlagen zu ergreifen sowie das Leistungsangebot, den Zugang zu Arzneimitteln, Innovationen im Bereich digitale Gesundheit und die soziale Absicherung zu fördern;
  • eine nachhaltige und chancengleiche Gesundheitsfinanzierung, denn die kleinen Länder unterscheiden sich hinsichtlich ihres Steueraufkommens zur Sicherung einer nachhaltigen staatlichen Gesundheitsfinanzierung erheblich voneinander (die Minister verständigten sich darauf, dass dort, wo die Ausgaben gering ausfallen, die Länder diese auf ein Niveau anheben werden, das den gesundheitlichen Bedürfnissen entspricht);
  • gut ausgestattete und gut unterstützte Arbeitskräfte im Gesundheitsbereich, da Gesundheitsfachkräfte die tragende Säule eines widerstandsfähigen Gesundheitssystems sind; und
  • die Anerkennung, dass Gesundheit und Tourismus in einer globalisierten Welt eng miteinander verflochten sind und dass die Wiederöffnung von Reiseverkehr und Tourismus für die wirtschaftliche Erholung, Beschäftigung und die Sicherung von Existenzen in den kleinen Ländern unverzichtbar sind.

Gesundheit als entscheidender Faktor für nachhaltigen Tourismus


In einem beispiellosen Schritt bittet WHO/Europa kleine wie auch große Länder eindringlich, die Aspekte Gesundheit und Gesundheitsfinanzierung in ihre Bemühungen zur Umgestaltung des Tourismussektors mit einzubeziehen – insbesondere jetzt nach der COVID-19-Pandemie.

Als die Europäische Region im Jahr 2020 von COVID-19 getroffen wurde, verzeichneten die kleinen Länder allein im ersten Jahr einen Einbruch der Tourismusbranche um mehr als 70%, was erhebliche Auswirkungen auf die konjunkturelle Erholung, die Beschäftigung und die Sicherung von Existenzen hatte. „Wir haben nun Gelegenheit, die Gestaltung des Tourismussektors neu auszurichten – von der Hygiene für Touristen bis zur Sicherheit aller Arbeitskräfte in der Tourismusbranche, von der Gewährleistung, dass die Menschenrechte gewahrt werden, bis hin zum Zugang von Touristen zu hochwertigen Gesundheitsleistungen“, erklärte Dr. Natasha Azzopardi Muscat, Direktorin der Abteilung Gesundheitspolitik und Gesundheitssysteme der Länder bei WHO/Europa und gebürtige Malteserin. „Also, zurück zum Geschäft, aber nicht ,Weiter wie bisher‘.“

Ein weiteres Thema, das auf der Tagung im Mittelpunkt stand – und sich auch in der Erklärung wiederfindet –, war die Bedeutung der Gesundheitsfinanzierung. Sowohl der Finanzminister als auch der Tourismusminister von Montenegro nahmen an der Tagung teil und hielten Ansprachen, bei denen sie auf die politische Relevanz dieses Themas verwiesen.

„Was macht ein gutes System für die Gesundheitsfinanzierung und die Schaffung einer soliden Einnahmenbasis aus?“, fragte Dr. Jon Cylus, Koordinator der Außenstelle London des Europäischen Observatoriums für Gesundheitssysteme und Gesundheitspolitik, die Delegierten im Raum. „Zunächst einmal braucht man ausreichende öffentliche Ausgaben, um die gesundheitlichen Bedürfnisse zu erfüllen; zudem müssen die öffentlichen Ausgaben stabil und vorhersehbar sein, auch während Krisenzeiten wie der Pandemie; und dann bedarf es einer chancengleichen Erhöhung der finanziellen Ressourcen, damit die Menschen entsprechend ihren Möglichkeiten zahlen. Es ist keine magische Formel, sondern ganz einfach eine politische Entscheidung.“

Die Erfahrungen, die von den Ländern im Rahmen der Veranstaltung geteilt wurden, waren nicht nur auf die Europäische Region begrenzt. Erstmals nahm die Gesundheitsministerin der Seychellen persönlich an der Tagung teil und verwies auf die Bedeutung der Verknüpfung zwischen Gesundheit und Tourismus in vielen anderen Teilen der Welt. Dies wurde auch aus der Karibik bekräftigt, die virtuell durch eine Delegierte der Gesundheitsbehörde der Karibikstaaten vertreten wurde.

Die Initiative kleiner Länder


Die Initiative kleiner Länder wurde 2013 bei einer informellen Veranstaltung während der 63. Tagung des WHO-Regionalkomitees für Europa in Çeşme (Provinz Izmir, Türkei) gegründet. Seitdem hat sich die Initiative zu einem Netzwerk aus 11 Mitgliedstaaten aus der Europäischen Region der WHO mit einer Bevölkerung von 2 Millionen Menschen oder weniger entwickelt.

Über die Jahre hat die Initiative als ein Labor für Innovation und als eine Kooperationsplattform fungiert, über die ihre Mitglieder sich mit Themen befassen können, die allein kleine Länder betreffen. Dabei geht es u. a. um soziale, ökologische und ökonomische Kontexte wie auch gesundheitsbezogene Bedürfnisse und Anfälligkeiten.

Am Ende der Tagung bestätigte die Gesundheitsministerin von Luxemburg, Paulette Lenert, Luxemburg als Gastgeber der Neunten hochrangigen Tagung der Initiative kleiner Länder im Mai 2023.