Aufgrund der Reformen im Gesundheitswesen der Republik Moldau hat sich die Zahl der Empfänger staatlich finanzierter Gesundheitsleistungen erhöht und der Umfang der erstattungsfähigen Leistungen erweitert. Dank des verbesserten Zugangs müssen weniger Menschen auf benötigte Gesundheitsleistungen verzichten. Doch die stärkere Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen hat auch die Belastung durch Zahlungen aus eigener Tasche erhöht, etwa in Form von Zuzahlungen für ambulant verschriebene Medikamente. Aus einem neuen Bericht der WHO geht hervor, dass etwa jeder sechste Haushalt in der Republik Moldau von ruinösen Gesundheitsausgaben betroffen ist.
Arzneimittel – der größte Einflussfaktor für finanzielle Härten
Finanzielle Härten sind besonders in den einkommensschwachen Bevölkerungsschichten sowie unter Rentnern und Bewohnern ländlicher Gebiete weit verbreitet. Ambulant verschriebene Arzneimittel sind der größte Kostentreiber bei ruinösen Gesundheitsausgaben aus eigener Tasche, und ihr Anteil an finanziellen Härten hat sich im Laufe der Zeit erhöht.
Für einkommensschwächere Haushalte ist die stationäre Versorgung der zweitgrößte Kostentreiber für ruinöse Gesundheitsausgaben, was möglicherweise auf inoffizielle Zahlungen für die Krankenhausversorgung (in Form von Bargeldzahlungen oder Geschenken im Austausch für Leistungen) zurückzuführen ist, die sich ebenfalls erhöht haben.
Finanzielle Absicherung durch Versorgungslücken gefährdet
In den vergangenen Jahren hat sich der Anteil der moldauischen Bevölkerung, der durch den nationalen Krankenversicherungsfonds versichert ist, erhöht, doch noch immer haben mehr als 10% der Bevölkerung keinen Versicherungsschutz. Der Hauptgrund besteht darin, dass der Leistungsanspruch an die Zahlung von Krankenversicherungsbeiträgen geknüpft ist. Eine erhebliche Zahl von Menschen sind im informellen Sektor beschäftigt und können sich die Zahlung solcher Beiträge nicht leisten.
Bei Personen, die über Versicherungsschutz verfügen, kann die finanzielle Absicherung durch den begrenzten Umfang der staatlich finanzierten ambulant verschriebenen Medikamente, hohe Zuzahlungen für solche Medikamente, Defizite im strategischen Beschaffungswesen und die Praxis informeller Zahlungen gefährdet werden.
Aufgrund dieser Versorgungslücken tragen einkommensschwache Haushalte ein besonders hohes Risiko in Bezug auf fehlenden Versicherungsschutz, finanzielle Zugangsbarrieren und ruinöse Gesundheitsausgaben.
Pandemie verdeutlicht Wert einer allgemeinen Gesundheitsversorgung
Bei der Bekämpfung des COVID-19-Ausbruchs hat die Republik Moldau finanzielle Reserven dazu genutzt, eine kostenlose Behandlung im Krankenhaus für alle unabhängig vom Versicherungsstatus sicherzustellen. Nun, da die längerfristigen wirtschaftlichen Verwerfungen aufgrund der COVID-19-Pandemie immer deutlicher zutage treten, könnte diese kurzfristig angelegte Maßnahme auf Dauer eingeführt werden. Durch Entkopplung aller Gesundheitsleistungen – nicht nur im Krankenhaus – von der Zahlung von Beiträgen würde sichergestellt, dass alle Menschen Versicherungsschutz genießen.
Eine Neuregelung der Erstattungspraxis bei ambulant verschriebenen Arzneimitteln wird auch zu einer Stärkung der finanziellen Absicherung beitragen, etwa durch Erweiterung der Zahl erstattungsfähiger ambulant verschriebener Arzneimittel, Befreiung einkommensschwacher Haushalte und chronisch Kranker von Zuzahlungen und die Einführung einer allgemeinen Obergrenze für Zuzahlungen.
Zur Verwirklichung einer allgemeinen Gesundheitsversorgung ist eine Verpflichtung zu einer stetigen Erhöhung der staatlichen Gesundheitsausgaben erforderlich. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie, die höhere staatliche Investitionen in die Gesundheit, eine sinnvollere Nutzung vorhandener Ressourcen sowie gezielte Handlungskonzepte erfordert, die eine Verringerung des ungedeckten Bedarfs und einen Abbau finanzieller Härten für von Armut und sozialer Ausgrenzung bedrohte Menschen bewirken.
„Eine allgemeine Gesundheitsversorgung muss ein zentrales Ziel der Politik beim Wiederaufbau in den kommenden Monaten bleiben“, sagte Dr. Natasha Azzopardi-Muscat, Leiterin der Abteilung Gesundheitspolitik und Gesundheitssysteme der Länder beim WHO-Regionalbüro für Europa.

