Wie können die Städte in Form kommen? Förderung einer gesunden Ernährung und eines aktiven Lebensstils in städtischen Umfeldern

31 August 2022
News release
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Die städtebauliche Gestaltung hat Auswirkungen auf das körperliche, seelische und soziale Wohlbefinden der Bürger in aller Welt. In einem neuen Bericht, den WHO/Europa zusammen mit der Agentur Gehl Design erstellt hat, werden Wege zur Förderung von Bewegung und gesunder Ernährung in städtischen Umfeldern untersucht und somit Gesundheit und Wohlbefinden in den Mittelpunkt der städtischen Planung gerückt. 

Nichtübertragbare Krankheiten gehören weltweit zu den Hauptursachen von Tod und Behinderung. Nach Erkenntnissen der Gesundheitsforschung sind weltweit 23% aller Todesfälle und 26% der Todesfälle bei Kindern unter fünf Jahre auf beeinflussbare Umweltfaktoren zurückzuführen. Angeführt wird die Liste von Schlaganfall, ischämischer Herzkrankheit, Durchfallerkrankungen und Krebserkrankungen. 

Förderung von Bewegung

Wie können also Städte zu gesunden Orten für das Wohnen und Heranwachsen werden? Ein wesentlicher Aspekt ist die Gestaltung der städtischen Umwelt, die zusammen mit starken Handlungskonzepten, die ressortübergreifend in dieselbe Richtung wirken, gesündere Verhaltensweisen in Städten begünstigen kann. In dem Bericht werden bereits im Gange befindliche Initiativen und Projekte geschildert, die der Verbesserung der Fußgänger- und Fahrradfreundlichkeit sowie der Sicherheit in den Städten der Europäischen Region der WHO dienen.

Viele Städte haben die COVID-19-Krise dazu genutzt, Maßnahmen in Bezug auf Nahverkehr und Mobilität durchzuführen und den Zugang zu städtischen Naturräumen und Grünflächen zu verbessern. In Tiflis (Georgien) wurden eine Reihe von Veranstaltungen organisiert, um die Öffentlichkeit für die Schäden durch verkehrsbedingte Abgase zu sensibilisieren. Dazu gehörte die Umwandlung einer der Hauptstraßen in eine Fußgängerzone für einige Tage, um den Bürgern die Chance zu geben, alternative Möglichkeiten für die Nutzung der Straße zu entdecken.

Die Stadt Cork in Irland führt spielerische Elemente in die Straßenarchitektur ein, darunter zehn neue sog. „Parklets“, Unterhaltungselektronik und Sitzgelegenheiten. Die Stadt Cherepovets in der Russischen Föderation stellt im Sommer und Winter besondere Zugangswege zum Wasser zur Verfügung. Die Gestaltung der Straßen aus Sicht der drei wesentlichen gesundheitlichen Herausforderungen – Luftqualität, Bewegungsmangel und psychische Gesundheit – trägt dazu bei, die psychische Gesundheit der Stadtbewohner aller Alters- und Bevölkerungsgruppen zu fördern.

Verbesserung des Ernährungsumfeldes in Städten

In dem Bericht der WHO wird vorgeschlagen, dass Städte anstatt einer reinen Aufklärung der Bürger über gesündere Ernährung und den Nutzen von Bewegung lieber Strategien durchführen sollten, die solche Entscheidungen begünstigen.

In Dänemark etwa werden frische Lebensmittel aus Supermärkten, die normalerweise weggeworfen würden, zur Zubereitung von Mahlzeiten verwendet. Ein Verkäufer auf einem Lastenrad fährt die Mahlzeiten zu Verkehrsknotenpunkten, wo sie als Alternative zu den dort angebotenen ungesunden Mahlzeiten verkauft werden. Das städtische Umfeld wird dazu genutzt, die gesunde Option zu der am leichtesten zugänglichen zu machen.

Eine andere Intervention, bei der die Ernährung in den Mittelpunkt der Gestaltung öffentlicher Räume gestellt wird, ist die Schaffung eines neuen Schrebergartenprojekts in Lissabon. Mit der Veranstaltung eines Wochenendmarktes machen sich die städtischen Gärten die Idee zunutze, die Bürger mit der Natur zu verbinden und den Kindern zu zeigen, wie Gemüse angebaut wird, und die Bedeutung lokaler Produkte und einer gesunden Ernährung zu unterstreichen.

Werkzeuge für gesündere Städte

Verknüpfungen zwischen den Bereichen Gesundheit, Soziales, Politik und Umwelt müssen auf kommunaler, regionaler und nationaler Ebene geschaffen werden. In einer Studie wurde hervorgehoben, wie manche Gaststätten, die für die Bevölkerung wichtig sind, von der Politik ignoriert werden, während andere für bestimmte Gruppen nicht zugänglich sind. Die Schaffung eines stärker ganzheitlichen Verständnisses des Ernährungssystems und seiner Wechselbeziehungen mit Gesundheit und der städtischen Umgebung ermöglicht effektivere Entscheidungsprozesse zur Überwindung solcher Barrieren.

Um dieses Ziel näherzubringen, stehen verschiedene Instrumente zur Verfügung, mit denen Daten darüber gesammelt werden können, wie sich die Menschen in der Stadt fortbewegen. Bei einem neu entstehenden Kartierungs-Tool werden auch die Lebensmittelangebote von Städten sowie örtliche Lebensmittelinfrastrukturen erfasst, die eine Verbesserung der Ernährungssicherheit bewirken können. Andere Datensätze befassen sich mit anderen Aspekten der baulichen Umwelt wie Luftbelastung, Qualität von Grünflächen und Sicherheitsfragen. Die Städte können solche Informationen dazu nutzen, Bewegung und gesunde Ernährungsentscheidungen zu fördern.

Die Schaffung von Möglichkeiten zu gesunder Ernährung und einem aktiven Lebensstil hat tiefgreifende Auswirkungen auf das körperliche, seelische und soziale Wohlbefinden von Menschen in aller Welt. Die in dem Bericht geschilderten Werkzeuge und Beispiele veranschaulichen die Arten von Maßnahmen, die Politikern und Städteplanern als Inspiration für die Neukonzipierung und Verbesserung ihrer Städte dienen können.

Der Bericht wurde am 31. August 2022 in Nizza während der Konferenz von HEPA Europa präsentiert, der größten Veranstaltung für gesundheitsförderliche Bewegung in der Europäischen Region.