Über die COVID-19-Pandemie ist schon vieles gesagt worden: von einer Geißel der Menschheit und einem Feind, den es zu besiegen gilt, bis hin zu einem Weckruf und einer Chance für einen Wiederaufbau zum Besseren.
Die Beschäftigten in den Bereichen Human-, Tier- und Umweltgesundheit sind sich darin einig: Nun, da wir nach der Pandemie einen Wiederaufbau zum Besseren anstreben, müssen wir die Bemühungen um einen einheitlichen Gesundheitsansatz verstärken, um besser auf Ausbrüche von Zoonosen vorbereitet zu sein und entsprechend reagieren zu können.
Was ist der einheitliche Gesundheitsansatz?
Der einheitliche Gesundheitsansatz trägt den engen Zusammenhängen zwischen Menschen, Tieren und unserer Umwelt Rechnung. Er beinhaltet einen integrierten, vereinheitlichenden Ansatz für eine ganzheitliche Bewältigung gesundheitlicher Bedrohungen, bei dem Experten aus verschiedenen Bereichen eng zusammenarbeiten.
„Nicht der einheitliche Gesundheitsansatz ist neu. Wir arbeiten seit vielen Jahren zusammen mit Ländern und mit den in der Europäischen Region der WHO tätigen Partnern von den Vereinten Nationen an der Bekämpfung von Zoonosen und Vektorkrankheiten und an anderen schwierigen Themen wie der Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen, und zwar im Sinne eines einheitlichen Gesundheitsansatzes“, sagt Peter Sousa Hoejskov, Fachreferent für Lebensmittelsicherheit und Zoonosen bei WHO/Europa.
„Aber COVID-19 hat alles auf den Kopf gestellt“, fügt er hinzu. „Die Pandemie hat die Länder und die internationale Gemeinschaft dazu veranlasst, sich aufzuraffen und ihre Bemühungen um einen einheitlichen Gesundheitsansatz wieder zu verstärken. Die Notwendigkeit, das gesamte Gesundheitssystem von Grund auf zu überdenken, Verwaltungsstrukturen und Finanzierungsströme einzurichten und einen besseren Weg für eine integrierte Arbeitsweise zu finden – all das ist das Ergebnis von COVID-19“.
Ein auf die Länder zugeschnittener einheitlicher Gesundheitsansatz
Hoejskov weiß aus eigener Erfahrung, wie diese erneuerten Verpflichtungen in die Praxis umgesetzt wurden.
Seit 2021 veranstaltet er zusammen mit Partnern auf Wunsch der Länder Workshops in der gesamten Europäischen Region. Die Workshops zielen darauf ab, den einheitlichen Gesundheitsansatz für die Prävention und Bekämpfung von Zoonosen zu stärken.
Einige Workshops befassten sich mit der Gewinnung von Wissen und dem Kapazitätsaufbau im Bereich der integrierten Surveillance und des Informationsaustauschs, andere mit der Formalisierung und Stärkung der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Ressorts oder mit Maßnahmen für die Länder, die ihnen eine bessere Vorbereitung auf Ausbrüche von Zoonosen sowie eine wirksamere Reaktion darauf ermöglichen.
„In einigen Ländern, zum Beispiel im März 2023 in Aserbaidschan, haben wir uns auf die Stärkung der Koordinierungsmechanismen zur Bekämpfung von Zoonosen konzentriert“, erklärt Hoejskov. „Wir haben uns also angeschaut, wie die verschiedenen Ministerien und Behörden zusammenarbeiten bzw. nicht zusammenarbeiten, wie sie Informationen austauschen und wie sie ihre Maßnahmen zur Überwachung von Ausbrüchen oder zur Reaktion darauf miteinander abstimmen.“
„Ein weiterer Bereich, auf den wir uns konzentriert haben, ist die Unterstützung der Länder bei der Schaffung operativer Rahmenkonzepte für die Vorbereitung auf und die Bekämpfung von Zoonoseausbrüchen. In diesen Rahmenkonzepten werden die Aufgaben und Zuständigkeiten festgelegt, und es wird konkretisiert, was die verschiedenen Ministerien selbständig tun können und was sie gemeinsam erledigen sollen. Diese Rahmen sind mehr als nur Worte. Sie sind rechtliche Instrumente, die eine Verbesserung der Rechenschaftslegung und der Einhaltung von Regeln bewirken“, lautet Hoejskovs Fazit.
Bisher haben acht Länder bzw. Gebiete – Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Kasachstan, Kosovo*, Kroatien, Rumänien und Serbien – von solchen Workshops profitiert, und weitere Länder – Bulgarien, Georgien und Kirgisistan – werden sie ab 2023 absolvieren.
Veranstaltungen in Serbien, Kasachstan und Rumänien
In Serbien fand im Dezember 2021 ein Workshop zum einheitlichen Gesundheitsansatz unter der Leitung von WHO/Europa und der Weltorganisation für Tiergesundheit (WOAH) statt.
An der Veranstaltung nahmen Vertreter des serbischen Gesundheitsministeriums, der Veterinärdirektion beim Landwirtschaftsministerium und des Nationalen Instituts für öffentliche Gesundheit sowie Zoonose-Epidemiologen und andere Experten der städtischen Gesundheitsbehörden in Belgrad, der regionalen Veterinärbehörden, der Universität Belgrad und der Universität Novi Sad teil.
Die Teilnehmer lernten, wie man bei Ausbrüchen von Zoonosen eine gemeinsame Felduntersuchung durchführt und dabei eine von der WHO, der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und der WOAH entwickelte und erfolgreich getestete Methodik anwendet; außerdem wurden sie über die Erfahrungen anderer Länder bei der Bekämpfung von Zoonosen unterrichtet.
Auf dieser Veranstaltung wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die im Laufe des Jahres 2022 mit Unterstützung von WHO/Europa und WOAH ein nationales Protokoll für die gemeinsame Untersuchung von und Reaktion auf Ausbrüche vorrangiger Zoonosen vor Ort ausarbeitete. Das Protokoll erhielt die Zustimmung des Gesundheitsministeriums und soll nun auch vom Landwirtschaftsministerium gebilligt werden.
„Viele der heutigen Gesundheitsgefahren erfordern einen einheitlichen Gesundheitsansatz. Obwohl die Zusammenarbeit zwischen den Ressorts in Serbien schon immer bestand, bietet uns das Protokoll nun einen formellen Rahmen für die Zusammenarbeit und die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen den Ressorts“, sagte Dr. Dragana Dimitrijevic, Leiterin der Abteilung Epidemiologische Überwachung beim Nationalen Institut für öffentliche Gesundheit und Vorsitzende der Arbeitsgruppe, die das Protokoll entwickelt hat.
In Kasachstan kamen 25 Teilnehmer – Vertreter staatlicher Stellen und Experten aus den Bereichen Lebensmittelsicherheit, biologische Sicherheit, Veterinärmedizin und Ökologie aus insgesamt acht Ministerien und Organisationen mit Zuständigkeit für die menschliche und tierische Gesundheit sowie Wissenschaftler – 2021 zu einem dreitägigen Workshop zusammen.
Die Teilnehmer trugen dazu bei, ein neues operatives Tool für den einheitlichen Gesundheitsansatz zu gestalten – einen von WHO, FAO und WOAH entwickelten schrittweisen Algorithmus zur Bewertung und Stärkung der ressortübergreifenden Abstimmung –, da die Organisationen das Tool vor seiner weltweiten Einführung erst erproben wollten.
Der Workshop führte zur Entwicklung eines nationalen Aktionsplans zur Umsetzung des einheitlichen Gesundheitsansatzes in verschiedenen Tätigkeitsbereichen, der dann in die von vier Ministerien (Gesundheit, Landwirtschaft, Umwelt und Notlagen) erstellte nationale Gesundheitsstrategie „Gesunde Nation 2025“ eingebettet wurde.
2022 führte das Land eine Analyse der bestehenden Gesetzgebung zur ressortübergreifenden Zusammenarbeit an der Schnittstelle Mensch-Tier-Umwelt durch. Die daraus resultierenden Empfehlungen zur Verbesserung der Zusammenarbeit in den Bereichen Lebensmittelsicherheit, Bekämpfung von Zoonosen und antimikrobielle Resistenz (AMR) fließen nun in die Aktualisierung nationaler Gesetze ein, die bis 2025 abgeschlossen werden soll.
Doch der Workshop trug auch in anderen Bereichen Früchte. Dr. Zaure Akhmetova, Stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für sanitär-epidemiologische Überwachung beim kasachischen Gesundheitsministerium, erklärt: "Mit Unterstützung der WHO haben wir eine Reihe von Schulungs- und Fortbildungsveranstaltungen über Lebensmittelsicherheit, biologische Sicherheit, AMR und Laborüberwachung für Fachleute aus den Bereichen Human- und Veterinärmedizin durchgeführt. Damit war Kasachstan das erste Land weltweit, das von dem Globalen Programm für Führungskräfte im Laborwesen profitierte, das auf den Grundsätzen des einheitlichen Gesundheitsansatzes basiert. Dank WHO/Europa konnten wir unsere fachübergreifenden Labore stärker machen und einen Fahrplan für die Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen erstellen.“
In Rumänien wurden die auf dem Workshop zum einheitlichen Gesundheitsansatz im Jahr 2022 erarbeiteten Grundsätze bereits in realen Situationen, die sich seitdem ergeben haben, erfolgreich angewandt.
„Zoonosen stellen nach wie vor eine Bedrohung für die Europäische Region dar, und Rumänien ist da keine Ausnahme“, erklärt Vadym Zavatskyi, Experte der WHO für den einheitlichen Gesundheitsansatz in Rumänien. „Nach den jüngsten Meldungen über Fälle von Vogelgrippe im Land sind die Gesundheits- und Veterinärbehörden in Alarmbereitschaft, und das Virus wird genau überwacht. Dies ist ein anschauliches Beispiel für eine ressortübergreifende Zusammenarbeit, die auf einem einheitlichen Gesundheitsansatz beruht. Der 2022 abgehaltene Workshop hat zweifellos dazu beigetragen, die Zusammenarbeit und die Reaktion auf Zoonosen zu stärken.“
WHO/Europa veranstaltet auch subregionale Workshops zu dieser Thematik, zuletzt im Februar 2023, als es die Länder des Westbalkans zusammenbrachte, um sie bei der Bekämpfung von lebensmittelbedingten Krankheiten und Zoonosen zu unterstützen.
* Alle in diesem Text enthaltenen Verweise auf das Kosovo (unabhängig davon, ob diese sich auf das Gebiet, entsprechende Einrichtungen oder die Bevölkerung beziehen) sind im Zusammenhang mit der Resolution 1244 (1999) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und in vollständigem Einklang mit dieser sowie unbeschadet des Status des Kosovo zu verstehen.