„Ich fühle mich sehr privilegiert, hier zu sein, aber eigentlich sollte ich das nicht. Ich sollte mich wohl fühlen können, und das sollte kein Privileg sein. Es sollte die Norm sein“, erklärte Inês Mália Sarmento, eine junge Fürsprecherin für psychische Gesundheit aus Portugal, bei ihrer Ansprache vor den Teilnehmern am ersten Tag der Woche für psychische Gesundheit in Athen.
Die Woche für psychische Gesundheit, eine gemeinsame Initiative von WHO/Europa, vertreten durch sein Büro für Versorgungsqualität in Athen, und der Regierung Griechenlands, war eine besondere 3-tägige Veranstaltungsreihe, die vom 3. bis 5. November abgehalten wurde und das Bewusstsein für die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Griechenland sowie in allen Teilen der Europäischen Region der WHO schärfen sollte.
Inês war eine von über 200 Jugendvertretern und Angebotsnutzern, die sich Experten und Politikern bei der Veranstaltung anschlossen, um im Hinblick auf die Gestaltung von Handlungskonzepten und Angeboten zur Förderung der psychischen Gesundheit eine gleichberechtigte Partnerschaft zu fordern und Systeme für die psychische Gesundheit zu schaffen, die inklusiv und frei von Stigma und Diskriminierung sind.
Ein offenes Forum für die Reformierung der psychischen Gesundheitsversorgung
Die Woche für psychische Gesundheit, die im Kulturzentrum der Stavros Niarchos-Stiftung in Athen abgehalten wurde, brachte Nutzer von Angeboten der psychischen Gesundheitsversorgung und ihre Familie aus zahlreichen europäischen Ländern mit griechischen Ministern, Experten für psychische Gesundheit und griechischen Olympioniken im Rahmen von fachlichen Workshops, einer hochrangigen Tagung und zahlreichen künstlerischen und kulturellen Aktivitäten zusammen.
Die Erwartungen an die Veranstaltung waren hoch. „Die Veranstaltungsreihe wird uns Gelegenheit geben, die aktuelle Situation in Bezug auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zu erörtern und zu diskutieren, wie wir einen allgemeinen Zugang zu Angeboten der psychischen Gesundheitsversorgung für junge Menschen in Europa gewährleisten können“, erklärte Zoe Rapti, Stellvertretende Gesundheitsministerin Griechenlands.
Zu den künstlerischen und kulturellen Aktivitäten zählten etwa Yoga-Kurse, ein Segelkurs, ein Marktplatz, wo Nutzer von Angeboten der psychischen Gesundheitsversorgung in Griechenland Nahrungsmittel und handgemachte Seifen verkauften, sowie ein Konzert der lokalen Musiker Monsieur Minimal und Andriana Babali sowie des Diskjockeys (DJ) Pepper Fm. Eröffnet wurde das Konzert von dem Olympiasieger Nikolaos Kaklamanakis und dem paralympischen Sieger Dimitris Karypidis.
Ziel dieser Veranstaltung war es, das Wohlbefinden zu fördern und das Bewusstsein für das Stigma zu schärfen, mit dem psychische Gesundheitsprobleme behaftet sind und das auf viele Menschen in der Region erhebliche Auswirkungen hat.
„Ich habe mich 21 Jahre lang vor der Gesellschaft versteckt, aus Scham darüber, dass ein Mitglied meiner Familie an einer psychischen Erkrankung leidet. Das musste sich ändern. Niemand, keine Familie sollte sich aufgrund einer psychischen Erkrankung verstecken“, erklärte Katerina Nomidou, eine Fürsprecherin für psychische Gesundheit aus Griechenland.
Führungskräfte erkennen zunehmend die Notwendigkeit an, die Systeme für psychische Gesundheit zu verbessern, insbesondere angesichts von Krisen wie der COVID-19-Pandemie, dem Krieg in der Ukraine und der Krise der Lebenshaltungskosten, die „nach wie vor zusätzlichen Druck auf das Leben der Menschen und ihr seelisches Wohlbefinden ausüben“, erklärte Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa, der am zweiten Tag an der Veranstaltung teilnahm.
Junge Menschen sind besonders stark betroffen, wobei die weltweite Prävalenz von Depressionen und Angstzuständen sich seit Beginn der Pandemie nahezu verdoppelt hat. Es besteht eine akute Notwendigkeit, die Qualität von Angeboten der psychischen Gesundheitsversorgung für Kinder und Jugendliche in allen Teilen der Region zu verbessern und diese nicht nur leichter zugänglich, sondern auch besser geeignet für die einzigartigen Bedürfnisse und Präferenzen dieser Altersgruppe zu machen.
Dr. Kluge fügte hinzu, dass aus diesem Grund die Woche für psychische Gesundheit äußerst wichtig und genau zum richtigen Zeitpunkt ausgerichtet worden sei. „Im Einklang mit unserem Europäischen Bündnis für psychische Gesundheit und unserem Europäischen Arbeitsprogramm sowie anknüpfend an die Konferenz zum Thema psychische Gesundheit, die wir zusammen mit unseren griechischen Partnern im Juli 2021 ausgerichtet haben, ist die heutige Veranstaltung Teil eines fortlaufenden Handlungsstrangs mit dem Ziel, eine Welt zu schaffen, in der kommende Generationen junger Menschen gedeihen können“, erklärte er.
Verbesserung der Jugendbeteiligung und die Bedeutung von gelebten Erfahrungen
Der erste Veranstaltungstag war der Fortsetzung der Arbeit des Europäischen Bündnisses für psychische Gesundheit gewidmet, u. a. während einer Sitzung, in deren Rahmen junge Menschen erörtern konnten, wie hochwertige Angebote der psychischen Gesundheitsversorgung für ihre konkrete Situation aussehen würden.
Die jungen Menschen scheuten sich nicht anzumerken, dass sie und andere Menschen, die unter psychischen Gesundheitsproblemen leiden, oft aus dieser Art von Gesprächen ausgeschlossen werden. Auch wenn Menschen mit gelebten Erfahrungen mit psychischen Gesundheitsproblemen zunehmend in die Gestaltung von Angeboten der psychischen Gesundheitsversorgung und entsprechenden Handlungskonzepten einbezogen werden, wird diese Art der Beteiligung selten ausgedehnt und oft nicht vergütet.
„Gelebte Erfahrungen sollten im Zentrum sämtlicher Anstrengungen stehen. Wenn wir nicht einbezogen werden, dann ist es nicht für uns“, erklärte Fatima Awil, Fachreferentin und Wissensmanagerin bei Mental Health Europe mit Erfahrungen in der Jugendbeteiligung.
„Wir sind unsere eigenen Experten. Wir tun eine Menge. Ich bin der Ansicht, dass junge Menschen enorm viel für ihre eigene psychische Gesundheit tun, wir haben ein stärkeres Bewusstsein für diese Thematik als jede andere Generation vor uns, doch wir können es nicht alleine schaffen“, betonte Anna Bailey, Doktorandin und Mitglied des Europäischen Bündnisses für psychische Gesundheit.
WHO/Europa nimmt sich ihre Worte zu Herzen und plant, die Jugendbeteiligung in sämtlichen Bereichen der Gesundheitssystemreform auszuweiten und Raum für junge Menschen zu schaffen, wo ihre Stimmen gehört werden, wie etwa im Rahmen des Youth4Health-Forums, das im Oktober in Tirana abgehalten wurde.
Auch das Europäische Bündnis für psychische Gesundheit bietet einen solchen Raum, und WHO/Europa ermutigt junge Menschen, sich in diesem einzubringen. Viele junge Menschen, die an der Woche für psychische Gesundheit teilnahmen, haben dies bereits getan, auf der Suche nach einem Raum, wo ihre Ansichten echte Wirkung zeigen.
Wenn Sie sich dem Europäischen Bündnis für psychische Gesundheit anschließen möchten, schreiben Sie uns eine E-Mail an EUROMHCoalition@who.int.

