Aufbau von Widerstandsfähigkeit in der Ukraine: während der verheerende Krieg weitergeht

13 October 2025
Anlässlich des Internationalen Tags der Vereinten Nationen für Katastrophenvorsorge berichten wir darüber, inwiefern die WHO die bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit des ukrainischen Gesundheitssystems unterstützt. 

Seit Beginn des verheerenden Krieges, der bereits in sein viertes Jahr geht, wurden von der WHO2655 Angriffe auf die Gesundheitsversorgung verifiziert. Das ukrainische Gesundheitswesen steht nach wie vor unter enormem Druck, da Angriffe auf die Gesundheitsversorgung lebensrettende Leistungen unterbrechen, Patienten gefährden und medizinisches Personal in große Gefahr bringen. Unter diesen Umständen ist die Notfallvorsorge nicht optional – sie ist es, die es ermöglicht, dass Krankenhäuser ihren Betrieb aufrechterhalten, das Gesundheitspersonal weiterhin Leben rettet und die Gemeinschaften trotz ständiger Bedrohungen weiterhin Versorgungsleistungen erhalten.
 
Die WHO arbeitet Seite an Seite mit den Gesundheitsbehörden, um die Widerstandsfähigkeit von Krankenhäusern, Notdiensten und Gesundheitspersonal zu stärken, damit lebensrettende Angebote während des anhaltenden Krieges aufrechterhalten werden können. Unabhängig davon, ob es sich um eine chemische oder radionukleare Bedrohung, eine Infektionskrankheit oder die Unterbrechung der Grundversorgung handelt, unterstützen wir gemeinsam das ukrainische Gesundheitssystem dabei, Schocks zu überstehen und den Menschen weiterhin zu dienen, während gleichzeitig Vorsorge für künftige Gefahren getroffen wird. 

 

WHO
© Credits

Eine CBRN-Übung im Städtischen Krankenhaus Nr. 3 von Mykolajiw

Fähigkeiten, die Leben retten

Das nur 30 km von der Frontlinie entfernte Städtische Krankenhaus Nr. 3 von Mykolajiw bietet Trauma- und Verbrennungsversorgung für die Region. Die Ukraine ist nach wie vor Risiken im Zusammenhang mit chemischen, biologischen, radiologischen und nuklearen (CBRN) Gefahren ausgesetzt. 

Um diesen Bedrohungen zu begegnen, nahm das Krankenhauspersonal an einer von der WHO unterstützten Schulung teil, um sich auf einen CBRN-Notfall vorzubereiten, was angesichts des Standorts des größten ukrainischen Kernkraftwerks in der Region von entscheidender Bedeutung ist.  
 
Gesundheitsfachkräfte wurden im Kontext eines CBRN-Ereignisses darin geschult, Patienten, die Gefahrenstoffen ausgesetzt worden waren, sicher zu betreuen und zu behandeln. Darüber hinaus lernten sie, wie man Fähigkeiten mit Bezug zu Gefahrenbewusstsein, Dekontaminierung und dem Einsatz von persönlicher Schutzausrüstung anwendet, und wurden mit speziellen Formen der Triage und der medizinischen Versorgung von Betroffenen vertraut gemacht.

 

WHO
© Credits

Dr. Dmytro Kolosov, Direktor des Städtischen Krankenhauses Nr. 3 von Mykolajiw, spricht mit Mitarbeitern der WHO

Weiterbildung in Resilienz verwandeln 

Dr. Dmytro Kolosov ist der Direktor des Städtischen Krankenhauses Nr. 3 von Mykolajiw. DurchPlan- und Simulationsübungen wurde das Krankenhauspersonal in den angemessenen Sicherheitsmaßnahmen und entsprechenden Reaktionsprotokollen für CBRN geschult. 

„Die Schulung vermittelt ein besseres Verständnis für reale Ereignisse und hilft uns, unsere Fähigkeiten zu verbessern. Wir sind jetzt für verschiedene Szenarien gerüstet“, sagte er uns. 

 

Artesans-ResQ
© Credits

Mitarbeiter von Artesans-ResQ und WHO transportieren einen schwer kranken Patienten

Sichere Verlegung von Intensivpatienten

Der sichere Transport von schwer verletzten und schwer kranken Patienten erfordert ein engagiertes Team hochqualifizierter medizinischer Fachkräfte, Koordination und solide Standardverfahren. Jede Handlung, die Ärzte und Rettungssanitäter während eines solchen Transports vornehmen, muss präzise sein. 
 
In der Ukraine unterstützt Artesans-ResQ, eine nichtstaatliche Organisation, die eng mit der WHO, dem Gesundheitsministerium und den regionalen medizinischen Notfalldiensten (EMS) zusammenarbeitet, die Verlegung von Traumapatienten, Neugeborenen und anderen Intensivpatienten – oft über Hunderte von Kilometern innerhalb der Ukraine oder über die Grenze hinweg.
 
Durch Beratung und praktische Unterstützung tragen die Mitarbeiter des Gesundheitswesens dazu bei, diese lebensrettenden Fähigkeiten in nationalen EMS-Mitarbeitern zu verankern. Im Mai und Juni führte Artesans-ResQ für den regionalen EMS in Lwiw eine Schulung zur sicheren Verlegung von schwer verletzten und schwer kranken Patienten durch. Diese Fachkräfte unterstützen die medizinischen Evakuierungen, die seit über drei Jahren durchgeführt werden und in deren Rahmen bislang nahezu 6000 ukrainische Patienten versorgt werden konnten. 

„Wenn wir über entsprechende Verfahren und Protokolle verfügen, können wir das medizinische Personal, das am Patiententransport beteiligt ist, schulen und in jeder Phase der Patientenversorgung, während des Transports und bei der Übergabe standardisierte Verfahren anwenden“ , erklärte Nataliia Dorosheva, Ausbildungsleiterin beim EMS der Region Saporischschja. 

 

WHO
© Credits

Im Rahmen einer groß angelegten Simulationsübung im geschäftigen Seehafen von Odessa spielt ein Schauspieler einen Patienten

Eindämmung der Ausbreitung von Infektionskrankheiten 

Um zu testen, wie das Gesundheitssystem der Ukraine unter dem Druck des Krieges und angesichts von Umweltrisiken auf einen möglichen Ausbruch wasserbedingter Krankheiten reagieren kann, unterstützte die WHO eine groß angelegte Simulationsübung in der Stadt Odessa, einem geschäftigen Seehafen.

Bei der Übung wurde ein Seuchenausbruch simuliert, der sich in einer Stadt ausbreitet, deren Infrastruktur durch den Krieg beschädigt wurde. Dabei kam Gesundheitspersonal aus verschiedenen Regionen des Landes zusammen. Während sich der fiktive Ausbruch entwickelte, testeten die Teilnehmer aus mehreren Gesundheitsbehörden ihre Überwachungssysteme, schnellen Einsatzteams, mobilen Laborkapazitäten und behördenübergreifende Koordination.  
 
Simulationsübungen mit fiktiven Krankheitsausbrüchen wie diese helfen dabei, Lücken in den Verfahren und in der Kommunikation zu erkennen und sicherzustellen, dass die Gesundheitsbehörden in der Lage sind, rasch zu handeln, um die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern. 
 
Durch die Stärkung dieser Systeme ist die Ukraine besser gerüstet, um die Bevölkerung vor Krankheitsausbrüchen zu schützen – ein Beweis dafür, dass es bei der Vorsorge nicht nur um die Reaktion auf Krisen geht, sondern auch um die frühzeitige Erkennung und Prävention von Krankheiten, bevor diese sich ausbreiten.

 

WHO
© Credits

Gesundheitsfachkräfte bewerten mit Unterstützung der WHO die Sicherheit ihres Krankenhauses

Krankenhäuser absichern und funktionsfähig halten 

Seit Februar 2022 hat die WHO über 2600 Angriffe auf die Gesundheitsversorgung in der Ukraine dokumentiert, die Auswirkungen auf Anbieter von Gesundheitsleistungen, Versorgungsgüter, Räumlichkeiten, Lagerhäuser und Fahrzeuge wie etwa Krankenwagen hatten.  

Um besser auf solche Notfälle vorbereitet zu sein, bietet die WHO in Zusammenarbeit mit dem ukrainischen Gesundheitsministerium den vom Krieg betroffenen Krankenhäusern in Dnipropetrowsk, Charkiw, Kiew und Mykolaiw im Rahmen der Initiative „Stärkung der Bereitschaftsplanung in Krankenhäusern in der Ukraine“ Beratung und Unterstützung an.  

Experten beraten Krankenhauspersonal bei der Durchführung von Bewertungen in allen Bereichen ihrer Arbeit, vom Keller bis zum Dach, vom Operationssaal bis zum Stromgenerator, und erstellen eine Übersicht über Schwachstellen und potenzielle Verbesserungsmöglichkeiten. 

„Jede Krise ist anders, aber jedes Mal, wenn wir reagieren, lernen wir dazu. Ich hoffe, dass wir nie wieder damit konfrontiert werden, aber jetzt sind wir flexibler und besser vorbereitet“, erzählte ein Teilnehmer. 

 

WHO
© Credits

Krankenhäuser wie das Krankenhaus für Infektionskrankheiten in Odessa verbessern ihre Bereitschaftspläne, um die öffentliche Gesundheit besser schützen zu können.

Gesundheitssicherheit und Planung 

Die Erstellung nationaler Risikoprofile ist einer der Eckpfeiler sowohl der Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005) als auch des Sendai-Rahmens für Katastrophenvorsorge (2015–2030). 
 
In der Ukraine hat das Gesundheitsministerium die Stärkung der nationalen Notfallplanung im Gesundheitswesen zu einer Priorität erklärt. Im Juni 2025 wurde eine nationale strategische Risikobewertung eingeleitet, die als Grundlage für evidenzbasierte Planung und die Aktualisierung der gefahrenübergreifenden und gefahrenspezifischen Pläne für Notfallvorsorge, -bereitschaft, und  bewältigung auf nationaler und subnationaler Ebene dienen soll.
 
Die Erkenntnisse und der ressortübergreifende Dialog, die sich durch die Risikobewertung ergeben, werden direkt in die Überarbeitung der Bereitschafts- und Bewältigungspläne einfließen, auch für schnelle Einsatzteams, Krankenhäuser und medizinische Notfallteams. 

Die Arbeit mit Blick auf die Notfallvorsorge in der Ukraine wäre nicht möglich ohne die wichtigen Beiträge von Gebern und fachlichen Partnern, darunter die Asia-Europe Foundation, die Regierung Deutschlands und die Europäische Union.

 

/